Eigentlich sollte 2009 das Europäische Jahr der Kreativität und Innovation (gewesen) sein. Der Faktor Kreativität als Motor für Innovation und Entwicklung persönlicher, beruflicher, sozialer sowie unternehmerischer Kompetenzen wurde regelrecht heraufbeschworen. Nur, waren wir im Jahr 2009 kreativ oder kreativer als in den Jahren davor?

Nein, sagt Wolfgang Erharter, Projektmanager im Wiener Büro des Malik-Management-Zentrum St. Gallen. Unterschiedliche und auch größer gesetzte Aktivitäten haben das Bewusstsein in Sachen Kreativität sicher gestärkt, Kreativität als wichtige Beigabe für eine unternehmerische Zukunftssicherung sei aber vielerorts von Krisenaktionismus überschattet gewesen, so Erharter weiter. Das "Erkennen und Ermöglichen von neuen Wirklichkeiten" , wie Erharter Kreativität auch definiert, werde häufig durch Gewohnheit, einer Furcht vor Konflikten und vor Widerspruch blockiert. Kreativität, so sagt er, könne nur über einen Diskurs generiert werden, und nennt fünf "Spielregeln für produktive Kreativität" :

  • Finde das eigene Element. Heißt: Menschen sollen darin bestärkt werden das zu tun, worin sie auch gut sind. Sie werden es leidenschaftlicher und mit hoher Eigenmotivation tun.
  • Beobachte mit all deinen Sinnen. Nie die eigene Meinung auf eine Sammlung verschiedener Daten bilden, sondern z. B. zum Kunden gehen, grundlegende Fragen stellen und den Mut haben, Widerspruch auszuhalten.
  • Das Unbequeme willkommen heißen. Es gilt die vielzitierte Komfortzone zu verlassen, sich in den Austausch mit anderen zu begeben. "Es braucht den bewussten Willen, sich mit Widerspruch auseinandersetzen zu wollen" , sagt Erharter.
  • Zeige, was du hast, stiehl, was du brauchst. Mit "zeige, was du hast" sei gemeint, Räume und Foren zu schaffen, in denen sich etwa Mitarbeiter austauschen können, auch darüber, woran sie gescheitert sind, weil auch diese Inhalte Mehrwert schaffen können. Und: Man müsse viele Dinge nicht immer neu erfinden, so Erharter, der Blick in Nachbars Garten bringe einen häufig auf gute Ideen. "In der Musik gibt es das Sprichwort ‚Besser gut gestohlen als selbst schlecht komponiert‘" , so Erharter.
  • Scheitere lustvoll - oder zumindest mit Würde. Das Scheitern und Fehlversuche gehören, so Erharter, einfach dazu. Besonders unter Führungskräften aber sei das Scheitern noch immer ein Tabu, werde kaum angesprochen. An diesem Punkt gelte es zu arbeiten.

Kreativität und Innovation habe immer mit dem Konflikt zwischen dem Statischen und dem Dynamischen zu tun, sagt Erharter. Um innovativ sein zu können, müsse man das Alte mit dem Neuen verbinden können, sagt er.

Um das zulassen zu können, brauche es auch mutige Entscheidungen, auch von Führungskräften. Denn nur die Aktivierung des kreativen Potenzials führe letztlich zu großen Leistungen, so der Projektleiter, die richtige und gute Führung von Mitarbeitern bereite dafür den Weg. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, Printausgabe, 19./20.12.2009)