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Die "Gruft" ist eine Einrichtung der Caritas. Auch heuer werden dort wieder 200 Obdachlose Weihnachten feiern.

Foto: APA/Schlager

"Jeder Heilige Abend ist anders", sagt Martina Pint, "man weiß nie, was passiert". Pint ist Leiterin der "Gruft" und wird am 24. Dezember arbeiten. Nichts Neues für die gebürtige Steirerin: mit nur einer Ausnahme war sie die letzten 15 Jahre im Einsatz. Und zwar in der "Gruft", die sich direkt unter der Mariahilfer Kirche befindet und seit 23 Jahren ein Betreuungszentrum für Obdachlose ist.

"Als Einrichtungsleiterin ist das für mich ein ganz wichtiger Tag", sinniert Pint über Weihnachten: "Gerade am 24. geht es den Obdachlosen wirklich nicht gut", erzählt sie im Gespräch mit derStandard.at, "weil sie an ihre Familien denken und sich vor Augen halten, wie sie früher gefeiert haben."

Psychologen zur Unterstützung

"Wichtig ist, dass wir einfach für sie da sind." Mit "wir" meint Pint vier Mitarbeiter plus "sieben bis acht" Ehrenamtliche, die sich zu Weihnachten in der "Gruft" um die Schwächsten der Gesellschaft kümmern. Ohne das Engagement der Freiwilligen wäre dieser Tag nicht zu bewältigen. "Heuer", berichtet die Leiterin, "haben wir sogar zwei Psychologen bei uns". Zum Glück, denn: "Gerade an den Feiertagen ist zumeist mehr Alkohol im Spiel." Krisen kommen zum Ausbruch: "Mit psychologischer Unterstützung kann man das oft noch abfangen", so Pint, die das Schicksal eines jungen Mannes schildert, der voriges Jahr seine ersten Weihnachten auf der Straße verbringen musste: "Der ist uns wirklich komplett zusammengebrochen."

Essen und ein Geschenk

Pint erwartet auch heuer ca. 200 Obdachlose, für die eine Feier organisiert wird: "Ab 15.00 Uhr kommen verschiedene ehrenamtliche Mitarbeiter, die uns helfen", erläutert sie den Ablauf. Um 17.00 Uhr wird Christian Aumann, Schauspieler und Regisseur, Weihnachtstexte lesen. Für die Feierlichkeit selbst ist danach Pater Andreas Kunkel zuständig: Mit Fürbitten, dem Weihnachtsevangelium und Liedern werde zelebriert, erklärt Pint, "anschließend gibt es für jeden ein Weihnachtspackerl sowie ein Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat". Die Feier werde gegen 22.00 oder 23.00 Uhr enden, prognostiziert sie: "Jene, die eine Unterkunft oder ein Notquartier haben, fahren dann nach Hause. Die anderen schlafen bei uns."

Pints Dienst ist voraussichtlich gegen 23.00 Uhr zu Ende. Vorbereitet ist sie jedenfalls auf alle Eventualitäten, auch eine Frage der Routine: "Manche Abende sind total ruhig und dann kann es wieder komplett unruhig sein." Weihnachten im Kreise der Familie wird sie am Christtag nachfeiern: "Da fahre ich nach Graz und dann habe ich einige Tage frei."

ÖBB: Anerkennung und Feiertagszulage

Ohne große Überraschungen wird Weihnachten wohl bei Jasmin Edlinger über die Bühne gehen. Die 23-Jährige ist Zugbegleiterin bei den ÖBB und wird von 12.00 bis 23.00 Uhr Dienst versehen. Einmal Payerbach und retour stehe am Fahrplan. Seit Edlinger 16 ist, arbeitet sie am 24. Dezember: "Es ist nicht so, dass ich nicht mit meiner Familie feiern möchte", sagt sie. Vorrang hätten aber KollegInnen mit Kindern: "Da ich selbst noch keine habe, ist das für mich kein Problem." Zugeständnisse, die später vielleicht einmal zurück kommen. Finanziell wird das Arbeiten bei den ÖBB am 24. nicht extra honoriert. "Es gibt die normale Feiertagszulage", so Edlinger, der dafür die "Anerkennung der Vorgesetzten" gewiss ist.

In den Zügen herrsche zu Weihnachten eine eigene Stimmung: "Die meisten Passagiere sind gelassener und freundlicher als sonst", berichtet sie auch von "einsamen Leuten, die sehr redefreudig sind", weil sie sonst keine Ansprache haben. "Man merkt, dass sie ohne Familie oder Freunde unterwegs sind." Wenn es die Zeit erlaube, stehe sie jederzeit zum Reden zur Verfügung. "Ich habe immer ein offenes Ohr", sagt Edlinger, die mit ihrer Familie dann am 25. am Vormittag nachfeiern wird. "Es können sowieso nicht immer alle zuhause sein."

Alle Jahre wieder

"Der 24. Dezember ist kein Tag wie jeder andere", bestätigt auch Katharina Lengl, dass der Dienst zu Weihnachten von einer besonderen Atmosphäre geprägt ist. Lengl arbeitet für das Rote Kreuz in Wien. Am Heiligen Abend ist sie im Einsatz; wie viele andere: Das Rote Kreuz verfügt alleine in Wien über fünf Bezirksstellen. Lengl wird Notrufe entgegennehmen oder im Fahrdienst sein. "Pro Tag kommen zwischen 800 und 1.000 Anrufe", erzählt sie. Rund 500 Transporte sind die Folge.

Am 24. rechnet sie mit erhöhtem Betrieb: "Die Leute brauchen mehr Zuwendung." Zuwendung, die sich oftmals einfach nur im Zuhören manifestiert: "Der Großteil unserer Patienten sind ältere Menschen, die vereinsamt sind." Für die nehme man sich dann mehr Zeit oder man bleibe länger bei ihnen, erzählt sie. Die Aufgaben des Roten Kreuzes sind vielseitig. Neben dem Rettungsdienst unterhält die Organisation zum Beispiel eine Katastrophenhilfe oder eine psychosoziale Betreuung. Für ihre Tätigkeit bekomme sie von der Familie die nötige Rückendeckung, berichtet Lengl: "Die sind da sehr kulant und wir feiern dann halt einfach nach."

Dienstrad und Kinder entscheiden

Zu kleinen Feiern werde es auch auf den einzelnen Stationen kommen. "Die Leute bringen etwa Kekse mit." Eine "sehr nette Stimmung" zu Weihnachten konstatiert die gebürtige Niederösterreicherin, die seit drei Jahren für das Rote Kreuz werkt und auch voriges Jahr am 24. Dienst hatte. "Abhängig vom Dienstrad" habe sich das eben so ergeben, so die 23-Jährige, die damit kein Problem hat: "Bei uns wird das sehr kollegial geregelt." Ein Gerangel um die freien Tage gebe es nicht. Nur MitarbeiterInnen mit Kindern kämen fix in den Genuss: "Das ist ein stilles Abkommen", so Lengl. (Oliver Mark, derStandard.at, 21.12.2009)