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ORF-Chef Alexander Wrabetz hat das Jahr bald überstanden.

Foto: APA/Schneider

Wien - Wie ein Phönix aus der Asche steht ORF-Chef Alexander Wrabetz am Ende eines turbulenten Jahres fest an der Spitze des ORF. Es gehe ihm "besser als noch zu Beginn des Jahres", räumt er denn auch im Interview im Rückblick auf ein Jahr voller politischer Angriffe, massiver Kritik seitens der Konkurrenz, Begehrlichkeiten von Interessensverbänden und einem EU-Verfahren ein.

Kurz vor Jahresende ist am Küniglberg weihnachtlicher Friede eingekehrt. Der Generaldirektor hat seine Hauptforderungen zur Zukunftsabsicherung des ORF durchgesetzt. Befrieden konnte Wrabetz noch vor Weihnachten die Filmwirtschaft, "mit der wir im Lichte des ORF-Gesetzes das Abkommen fortsetzen und sogar höher dotieren wollen". Vereinbarungen mit der Film- und Musikindustrie und den Behindertenverbänden stünden unmittelbar bevor.

Diskussionen und Zweifel

"Es war ein heftiges Jahr" bilanzierte Wrabetz. "Gemessen an der Situation vor rund einem Jahr haben wir sehr entscheidende Etappen erreichen können und stehen gut da." Vor zwölf Monaten sei nicht nur er selbst, sondern auch das Unternehmen ORF infrage gestanden. "Wir standen vor dem doch großen Negativergebnis des Jahres 2008. Es gab politische Diskussionen und Zweifel darüber, dass wir ein Sparprogramm aus eigener Kraft schaffen würden, dann waren da die Begehrlichkeiten, Teile des ORF zu privatisieren. Es gab einen Rechnungshofbericht, der viele Fragen aufgeworfen hat, und einen Stiftungsrat, der Strategien einforderte. Außerdem schwebte über all dem das Beihilfeverfahren der EU", beschreibt es der ORF-Chef rückblickend.

Heute ist das "EU-Verfahren weitestgehend abgeschlossen und das neue ORF-Gesetz zeichnet sich stark ab". Was Wrabetz dabei erreichen wollte, nämlich die "Einheit des ORF, die Unabhängigkeit des Senders und seiner Gremien sowie klare finanzielle Rahmenbedingungen", hat er geschafft. "Die Einheit des ORF konnte gesetzlich verankert werden, der Einstieg in die Refundierungsregelung wurde erreicht und die Umsetzung eines umfassenden Sparprogramms hat begonnen. Mit dem Betriebsrat konnte eine Null-Lohnrunde vereinbart werden. Durch ein umfassendes Sparpaket konnte ein Budget für 2010 erstellt werden, das wiederum ein ausgeglichenes Ergebnis vorsieht. Dieses Budget wurde vom Stiftungsrat mit großer Mehrheit genehmigt".

Online-TVThek und HD

Gleichzeitig habe der ORF den Einstieg in neue Technologien gewagt, wie etwa den Start der Online-TVThek oder die Umstellung nunmehr beider ORF-Programme auf die hochauflösende Qualität HD. Es war "das Jahr der Einstimmung auf die neue Zeit und auf die volle Konkurrenz", so Wrabetz.

Durch die Finger sahen heuer hingegen die Privatsender und die Verleger, die vom Gesetzgeber massive Beschränkungen für den ORF gefordert hatten und sich auch von der EU deutlichere Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Sender erwartet hatten. Auf die Frage, wie er es geschafft hat, beinahe all seine Forderungen durchzusetzen, seinen eigenen "Kopf aus der Schlinge zu ziehen" und seinem Ruf, es allen Mitspielern recht zu machen, gerecht zu werden, sagte Wrabetz: "Letztendlich waren eben alle der Meinung, dass wir einen starken ORF brauchen."

Grasl eine "gute Wahl"

Dass sich die Politik im Gegenzug für ihre Zugeständnisse - etwa durch den kolportierten Abtausch von zusätzlichen Gebührengeldern gegen eine parteiengenehme Personalbesetzungspolitik - Zugriffsmöglichkeiten im öffentlich-rechtlichen Sender gesichert haben könnte, will Wrabetz so nicht geltenlassen. Auf die Frage, ob er seinen neuen Kaufmännischen Direktor Richard Grasl für einen ÖVP-Mann halte, meinte der ORF-Chef: "Ich habe im Vorfeld meiner Entscheidung viele Gespräche und Diskussionen mit Grasl geführt und dabei festgestellt, dass er eine sehr gute Wahl für den Kaufmännischen Direktor ist. Der Stiftungsrat hat meinen Vorschlag mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen, das bestärkt mich in meiner Entscheidung."

Ob er fürchte, dass ihn der junge ehrgeizige Grasl einmal vom Thron stürzen könnte? "Es gibt keinen Anlass, mich zu fürchten. Wir stehen vor großen Herausforderungen, wie etwa die Einführung neuer Workflows, die Umsetzung der Sparziele, die Klärung der Standortfrage und die Stärkung des Programms. Das sind Anforderungen, die wir zu bewältigen haben und bei denen der Kaufmännische Direktor eine große Rolle spielt. Alles Weitere wird man sehen."

ORF-Standortfrage

Darauf, ob er sich 2011 noch einmal als Generaldirektor bewerben werde, wollte sich Wrabetz nicht festlegen. Er wolle sich vorerst "auf die nächsten zwei Jahre konzentrieren". Im ersten Halbjahr 2010 soll - so Wrabetz' Fahrplan - die Entscheidung über den künftigen ORF-Standort fallen. Dass "ein Neubau über einen längeren Zeitraum günstiger ist, ist unbestritten", sagt der ORF-Chef. Allerdings gelte es, auch "andere Faktoren zu bewerten, wie die emotionale Bindung an das ORF-Zentrum am Küniglberg oder die Standortbekanntheit". Zu klären seien auch "bestimmte Fragen, wie zum Beispiel, wie man in zehn Jahren produzieren will". Der Entschluss über den Standort soll daher "in Teilschritten" getroffen werden. (APA)