Herbergssuche auf Österreichisch: Just vor Weihnachten gibt Innenministerin Maria Fekter ihren bisher geheim gehaltenen Plan bekannt, im burgenländischen Eberau ein Asylwerber-Aufnahmezentrum errichten zu wollen. Die ÖVP-Politikerin wird für ihre überfallsartige Vorgangsweise zu Recht auch von Ministerkollegen ihrer Partei kritisiert.

Aber in der Sache nicht besser agiert der Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Niessl. Gemäß dem beliebten Floriani-Prinzip argumentiert er, dass das Zentrum doch in anderen Bundesländern, die bisher die Aufnahmequote von zu versorgenden Asylwerbern nicht erfüllt haben, gebaut werden solle. Hauptsache nicht im Burgenland!

Sein Hauptvorwurf an Fekter ist aber ein anderer: "Die Frau Innenministerin hat 270 Polizisten aus dem Burgenland abgezogen, und statt der 270 Polizisten bringt sie jetzt die Asylanten ins Burgenland. Das ist ein sehr schlechter Tausch. Also insofern haben wir mit steigender Kriminalität zu kämpfen." Niessl kriminalisiert damit Asylwerber. Die Empörung wäre groß, wenn ein Politiker aus dem rechten Lager eine solche Aussage gemacht hätte. Niessl sprach im Übrigen auch noch vom "größten Anschlag auf das Burgenland in der Geschichte".

Er unterscheidet sich in seiner Argumentation nicht von Fekter, die Asylwerber generell als Sicherheitsrisiko betrachtet. Folgerichtig verspricht sie, dass in Eberau gleichzeitig auch eine Dienststelle für 30 Polizisten eingerichtet werde. Und im Übrigen biete ein solches Zentrum, "krisenfeste Arbeitsplätze", es sei "ein Betrieb, der keine Emissionen hat, keinen Lärm erzeugt, keinen Müll produziert".

Man könnte den Eindruck gewinnen, es handle sich um eine x-beliebige Betriebsansiedlung. Aber es geht hier um Menschen, die aus welchen Gründen auch immer Aufnahme finden wollen. Österreich ist gemäß internationaler Abkommen zur Aufnahme von Asylbewerbern verpflichtet, die ein Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren und eine ebensolche Unterbringung haben. SPÖ und ÖVP wähnen sich schon im Wahlkampf und frönen dem Populismus mit Argumenten, die bisher FPÖ- oder BZÖ-Politiker benutzt haben.

Sachargumente kommen dabei zu kurz: Die Innenministerin blieb bisher eine schlüssige Begründung schuldig, warum Eberau als Standort ausgewählt wurde und ob es nicht Alternativen gegeben hätte. Denn eine Gemeinde im Südburgenland mit 1000 Einwohnern hat keine Infrastruktur, die in dem Fall sinnvoll wäre: Keine Anwälte, keine Dolmetscher, keine Psychologen für die häufig traumatisierten Menschen. Darauf hat einer hingewiesen, der es wissen muss: Der Bürgermeister von Traiskirchen. Die meisten anerkannten Asylbewerber in Österreich kommen aus Afghanistan. Das sind Menschen mit Kriegserfahrungen. Sie einfach wegzusperren ist keine Lösung.

Im Übrigen sind die Asylanträge seit Jahren rückläufig. Während im Jahr 2002 noch 39.354 Anträge gestellt wurden, waren es 2008 insgesamt 12.844 Menschen. Laut Innenministerium lag die Anerkennungsrate bei 24,5 Prozent, in den ersten zehn Monaten 2009 nur bei 16 Prozent. Über diese Fakten sollte man diskutieren. Und wer wie Niessl die Solidarität anderer Bundesländer einfordert, soll nicht vergessen, dass alle Steuerzahler den Grenzeinsatz im Burgenland zahlen, der laut Bundesheer 26 Millionen Euro pro Jahr kostet.

Die Einrichtung des Zentrums hätte die Chance bedeutet, endlich offensiv das Thema Zuwanderung anzupacken. Aber aus Angst vor Strache und Co trauen sich Österreichs Politiker nicht auszusprechen, was längst Realität ist: Österreich ist ein Einwanderungsland. Stattdessen wird eine populistische Debatte geführt, die vor menschenverachtender Rhetorik nicht zurückschreckt. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD Printausgabe, 24./25./26./27.12.2009)