Die Wedelhütte strahlt einen Retro- Charme und eine unaufdringliche Eleganz aus, die eher an Schweizer Chalets als an Tiroler Berghütten gemahnt.

Foto: Wedelhütte

Seit ihrer Eröffnung vor fünf Jahren hat sich die Kristallhütte im Hochzillertal zu einer Attraktion im Alpenraum entwickelt. Auf über 2000 Meter in einem Skigebiet gelegen, das eher die Massentouristen als die Schickeria anzieht, bietet sie eine ausgezeichnete Küche, eine 360-Grad-Panoramaterrasse mit Wasserbetten und Whirlpool sowie acht Suiten, die auf Monate im Voraus ausgebucht sind. Prominententreffs und Charity-Events sorgen für Medienpräsenz.

Mit ihrem jüngsten Projekt wollen die Geschwister Heinz und Martha Schultz, denen Bergbahnen und Hütten gehören, diesen Standard noch übertreffen. Die vor zwei Wochen eröffnete Wedelhütte liegt höher (2352 Meter), sie ist teurer (fünf Millionen Euro Baukosten), größer und luxuriöser. Statt der Coolness der Kristallhütte strahlt sie einen Retro-Charme und eine unaufdringliche Eleganz aus, die eher an Schweizer Chalets als an Tiroler Berghütten gemahnt.

Elf großräumige Zimmer aus Zirbenholz, alle mit Flachbildschirm, iPod-Dockingstation, WLAN und Physiotherm-Infrarotkabine ausgestattet, geben dem Übernachtungsgast tatsächlich ein Fünf-Sterne-Gefühl - und das mitten im Hochgebirge an einem Ort, der im Winter nur mit Skiern und im Sommer nur zu Fuß erreichbar ist (bloß das Gepäck wird angeliefert).

Während des Tages kehren im Restaurantbereich und auf der windgeschützten Terrasse zahlreiche Skifahrer ein - wer vorausbestellt hat, kann in der stilvoll eingerichteten Premium-Lounge seine Skischuhe ausziehen, ein Gourmetmenü genießen und durch den Glaskamin auf die Piste blicken.

Aber Punkt 16 Uhr kehrt völlige Ruhe auf der Hütte ein; die maximal 24 Gäste sind dann mit dem jungen Wirtspaar Manni und Moni, deren Sohn Moritz und den wenigen Mitarbeitern unter sich.

Sauna, Massage, gut ausgewählte Weine aus einer kathedralengroßen Weinstube und eine ambitionierte Küche sorgen für Entspannung, bis um neun Uhr morgens der nächste Skitag beginnt. Wer auf die Pulverschneehänge im Gelände der Skigebiete Hochzillertal und Hochfügen, die sich oberhalb der Wedelhütte treffen, will, der kann auch schon früher aufbrechen.

Die vielfältigen Möglichkeiten für Free Rider sind eine der besonderen Attraktionen von Hochzillertal/Hochfügen, das seit dem Zusammenschluss vor fünf Jahren größer (166 Pistenkilometer und 37 Liftanlagen) und beliebter geworden ist und den etablierten Skigebieten im Zillertal (Zillertal Arena, Mayrhofen und Tux 3000) heftige Konkurrenz macht.

Der verkehrstechnisch leichte Einstieg über die Bergbahnen in Kaltenbach, nur 40 Minuten von Innsbruck entfernt, macht das Hochzillertal sogar für Tagesgäste aus Wien populär, die mit FlyNiki für einen Tag anfliegen. Auf der anderen Seite des Marchkopfs - mit 2500 Meter die höchste Spitze im Gebiet - bietet der Talschluss in Hochfügen jene romantische Abgeschiedenheit, die sich Skifans wünschen, selbst wenn sie nicht auf leistungsfähige Lifte und gut präparierte Pisten verzichten wollen.

Weitere Ausbaupläne werden seit Jahren gewälzt, etwa eine Verbindung von Hochfügen zum kleinen Skigebiet am Weerberg, der Skifahrern einen Einstieg aus dem Inntal ermöglichen würde. Aber dies ist noch Zukunftsmusik.

Auf der Wedelhütte ist selbst in der Hochsaison von den Massen gar nichts zu spüren. 145 Euro pro Person und Tag kostet das Vergnügen zu jeder Jahreszeit und jeder Saison. "Der Service ist ja auch immer der gleiche", erklärt Martha Schultz die ungewöhnliche Preispolitik. Eine Woche dort oben fühlt sich wohl lang an, aber zwei oder drei Nächte in der Wedelhütte sind für Berg- und Genussmenschen ein wahr gewordener Traum. (Eric Frey/DER STANDARD/Printausgabe/24.12.2009)