Bernhard Balas: stolz auf Unzeitgemäßes

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Erfolg kann an vielen Faktoren gemessen werden - etwa daran, wie sich ein Unternehmen in Krisenzeiten zu behaupten weiß. "Ich spüre keine Krise", sagt Bernhard Balas, Klavierbauer in Wien. Nie habe er so viel Arbeit gehabt wie gerade eben. Mit 14 ging der gebürtige Niederösterreicher bei der Klavierfabrik Ehrbar in die Lehre, seit 16 Jahren führt er einen eigenen Meisterbetrieb. Ohne größere Kredite oder Fremdfinanzierung, nur dank unermüdlicher Arbeit gelang es ihm, seinen Betrieb auf die Beine zu stellen. Mit vier Angestellten und einem Lehrling kann Balas derzeit nicht über finanzielle Schwierigkeiten klagen, Kunden kommen mittlerweile aus ganz Europa.

Nischenprodukt

Wie er gegenüber der Konkurrenz bestehen könne? "Man muss sich auf Nischen spezialisieren", sagt Balas, dessen Haupteinnahmequelle neben Reparaturarbeiten das Restaurieren historischer Tasteninstrumente bildet. Aber auch Nachbauten historischer Cembali oder Sonderanfertigungen wie das "Bio-Klavier" aus unbehandeltem Massivholz sind gefragt. Der Bau von Neuinstrumenten besitzt für Balas "ideell einen sehr hohen Stellenwert", wirtschaftlich sei er aber nur „die Butter auf dem Brot, mehr Aushängeschild als Geschäft". Dass die Mehrzahl der Klavierkunden „das Produkt von der Stange" einer individuellen Neuanfertigung vorziehe, hat nach Balas' Ansicht nicht nur finanzielle Gründe: „Man will nicht auffallen", man fühle sich "geborgen im Durchschnitt." Betriebe, die in rein handwerklicher Manier Einzelstücke anfertigen, gibt es kaum noch. Ironisch bezeichnet Balas seine Firma als "die mit Abstand unrationellste und kleinste Klaviermanufaktur der Welt".

Innerer Antrieb

Was ihn antreibt, ist seine "große Bewunderung für feines Handwerk", aber auch der Kontakt zu den Musikern: „Sie sorgen dafür, dass man etwas weiterbringt." So ist Musik auch ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens in der Werkstatt, wo sich Größen wie das Kollegium Kalksburg oder der Komponist und Performer Charlemagne Palestine ein Stelldichein geben. Nicht wegzudenken sind bei diesen Gelegenheiten die kulinarischen Künste des Chefs, der seine Mitarbeiter im Übrigen täglich selbst bekocht. 

Balas' vielseitige Begabung zeigt auch sein "Recycling" jener "Klavier-Leichen", die regelmäßig ihren Weg in die Werkstatt finden: Von Tischen über Betten bis zu Deckenleuchten gibt es kein Möbelstück, das Balas nicht aus einem irreparablen Flügel herstellen kann. Von Nachhaltigkeitsdenken geleitet ist auch die Wiederverwertung der Stimmstöcke ausrangierter Hammerflügel: Die statische Qualitäten des alten Ahornholzes, so Balas, könnten erst nach jahrzehntelanger Lagerung erreicht werden. "Wenn man gute Instrumente bauen will, braucht man viel Zeit - und das geeignete Material. Billige Kompromisse rächen sich - nicht nach ein oder zwei, sondern nach 15 Jahren." Die Langsamkeit hat Balas als Motto auf seine Fahnen geschrieben. Für die Herstellung eines neuen Instruments braucht er im Schnitt ein Jahr. Unzählige Nachtstunden investiert der Meister in diese nicht wirklich rentablen Sparten seiner Tätigkeit: "Wäre ich nicht so fleißig, hätte ich längst aufgeben müssen." Ja, räumt Balas ein, seine Arbeit sei „schon unzeitgemäß, aber ich bin stolz darauf". Seine Geschäftsidee und die Qualität seiner Produkte haben auch die Junge Wirtschaft Wien überzeugt: 2004 wurde Balas der Walter-Nettig-Preis für den besten Handwerksbetrieb verliehen. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass sich Erfolg nicht allein in Zahlen messen lässt. (Lena Dražic, DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.1.2010)