Der Präsident Afghanistans, Hamid Karzai, der in keinem Moment seiner Regierungszeit die Kontrolle über das afghanische Territorium ausgeübt hat - daher sein Spitzname "Bürgermeister von Kabul" -, ist auch politisch nur mehr ein Schatten seiner selbst. Das Parlament hat ihm, indem es 17 der 24 von ihm vorgeschlagenen Minister durchfallen ließ, gezeigt, was es von seiner Legitimität hält.

Diese war Karzai 2001 vom Westen verliehen - und angesichts seiner Amtsführung und der inkorrekten Wahlen im Sommer 2009 wieder entzogen worden. Daran änderte auch nichts, dass sich die Staaten, deren Soldaten in Afghanistan im Einsatz sind, dann doch nolens volens mit einer zweiten Amtszeit Karzais abfanden.

Glaubt man den dazu befragten Parlamentariern, dann sind die meisten Ministerkandidaten durchgefallen, weil ihre Qualifikationen nicht überzeugten. Das wäre, wenn es denn stimmt, wohl sozusagen eine Sternstunde der jungen afghanischen Demokratie. Ganz froh wird man der Sache jedoch nicht. Afghanistan steht - gemeinsam mit Pakistan - vor einem alles entscheidenden Jahr. Wird nicht bald der militärische Wendepunkt erreicht, kann man die Hoffnung auf eine mittelfristige Stabilisierung begraben.

Die USA und die Nato bräuchten starke, glaubwürdige Partner in Kabul und Islamabad. Stattdessen scheinen in beiden Ländern Zeiten wachsender politischer Instabilität bevorzustehen, denn auch Pakistans Asif Ali Zardari schwächelt. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2010)