Strem - Dort, wo das Burgenland am verlassensten ist, im Winkel östlich von Güssing, ist zurzeit am meisten los. Eberau wurde von Innenministerin Fekter ins republikweite Gerede gebracht. Und das benachbarte Strem kommt nicht zur Ruhe, seit vor gut einem Jahr offenkundig wurde, dass die 950-Einwohner-Gemeinde sich mit der Errichtung eines Seniorenzentrums ein acht Millionen Euro schweres Schuldenbinkerl umgehängt hat.

Nun ist dort mit Jahreswechsel die vierköpfige SP-Fraktion geschlossen aus dem Gemeinderat ausgezogen. Vorstand Dietmar Stimpfl fordert Neuwahlen. Bürgermeister Bernhard Deutsch (VP) denkt nicht daran, man habe 2009 ja "gute Arbeit" geleistet.

SP-Gemeinderäte sehen Schuld bei ÖVP

Freilich geht es nun, 2010, ans Eingemachte der Gemeinde. In den nächsten vier Jahren müssen jährlich zusätzliche 85.000 Euro aufgestellt werden. Die SPÖ weiß auch, wie das gehen wird: über "eine satte Erhöhung diverser Gebühren". So würden zum Beispiel die Kanalgebühren gleich um 33 Prozent angehoben, der Ganztagskindergarten um 20, die Grundsteuer um 22 Prozent. Da wolle man nun, nachdem man jahrelang vergeblich "das schlechte Gewissen im Gemeinderat" gewesen sei, einen klaren Trennstrich zu der elfköpfigen schwarzen Mehrheitsfraktion ziehen: "Die ÖVP trägt die alleinige Verantwortung an diesem finanziellen Desaster."

Das sieht diese naturgemäß anders. Für Landesgeschäftsführer Christian Sagartz passe der Stremer Rücktritt "in das Sittenbild der gesamten SP Burgenland". Während "es nicht die Art der VP ist, vor Problemen davonzulaufen", flüchte die SPÖ Strem "aus der Verantwortung".
Strem'sche Weisung

In die übrigens auch Sagartz' Chef, Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl, genommen werden könnte. Die Staatsanwaltschaft prüft zurzeit eine Anzeige des Rechnungshofes wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. In seiner Eigenschaft als Gemeindereferent habe Steindl der Gemeinde Strem Darlehensaufnahmen für das Seniorenzentrum genehmigt, obwohl seine Beamten dies als "wirtschaftlich nicht vertretbar" einschätzten. Solche Bedenken seien vom Ressortchef aber per Weisung beiseitegewischt worden. (Wolfgang Weisgram/DER STANDARD-Printausgabe, 7.1.2010)