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"Chili" mit Pius: Heinzl mit ORF-Kommunikationschef Strobl.

Foto: APA/Pfarrhofer

So mancher Zuschauer fühlt sich an 2007 erinnert: Eine Sendung soll auf ORF 1 täglich junges Publikum unterhalten. Damals pries die neue ORF-Führung Mitten im Achten noch vollmundig als "Herzstück" der "größten Programmreform aller Zeiten" an - und landete einen denkwürdigen Flop.

Diesmal wird alles anders. Täglich um 19.20 Uhr präsentiert ab Montag Dominic Heinzl die Societymagazine Backstage und Chili. Merkwürdigkeiten rund um den Hoffnungsträger geben ein Sittenbild öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich ab:

Aus einem Magazin macht der ORF zwei, weil ihm nach Gesetz Unterbrecherwerbung verboten ist. Backstage kommt ohne Moderation aus, durch Chili führt der Moderator nach Werbung um Unterscheidbarkeit zu garantieren.

Heinzls Rücken stärkt ORF-Pressesprecher Pius Strobl. Er ließ dem Moderator ein Studio in der Wiener Argentinierstraße um kolportierte 1,3 Millionen bauen (der Standard berichtete), worüber sich ORF-Mitarbeiter in Sparzeiten wundern. Noch mehr staunen sie über inhaltliche und redaktionelle Mitarbeit des Pressesprechers. Strobl entgegnet: "Ich bin beauftragt mit der Gesamtkoordination der Vorbereitungen, für Vertragsumsetzung und Systemintegration."

Ohne Wissen von Programmdirektor Wolfgang Lorenz holte Generaldirektor Alexander Wrabetz den Promireporter. Das sei völlig okay, meint Strobl: "Am Ende des Tages ist das bei einer so wichtigen Frage die Entscheidung des Alleingeschäftsführers".

Ungewöhnlich bescheiden hofft Heinzl auf 120.000 Zuschauer. Etwas mehr sollten es sein, denn aktuell kommt der ORF mit der Kaufserie Mein cooler Onkel Charlie auf rund 200.000, zuletzt mit neun Prozent Marktanteil. Mitten im Achten schlägt er locker: Zuletzt waren dort nur noch 85.000.

Sorge, dass Heinzl der parallel laufenden ZiB 1 Publikum abzieht, zerstreut Mastermind Strobl: "Mir ist lieber, wir konkurrieren wechselseitig, als wir verlieren an ProSieben und RTL."

Dreijahresvertrag

Kolportiert werden Gagen zwischen vier und acht Millionen Euro. Für eine zwanzigminütige tägliche Sendung wäre das großzügig, aber für ORF-Verhältnisse im Rahmen. Außergewöhnlich sind jedoch die Vertragspunkte: Drei Jahre bindet sich der ORF an Heinzl, üblich für Neueinsteiger sind Halb- bis Jahresverträge. Festgelegt sind weiters Formatlängen. Olympia und Fußball-WM sorgen für Ausfälle: Ersatz hat Heinzl zu liefern. Der ORF ist zwar nicht verpflichtet, ihn zu nehmen, plant aber Heinzl schon vor dem Olympiastudio und spätnachts ein.

Inhaltliche Fixpunkte wie Michael Jeannée und Christian W. Mucha bleiben vermutlich. Worin liegt dann der öffentlich-rechtliche Mehrwert von Chili im Vergleich zum privaten Hi Society auf ATV? Strobl: "Es ist ein tolles Unterhaltungsprogramm. Das Publikum will das offenkundig." (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 9./10.1.2010)