Foto: Heribert Corn/Der Standard

Salzburg - Afrikaner, Asylwerber und HIV-positiv - Menschen, auf die diese Charakteristik passe, rangierten in der öffentlichen Meinung ganz unten, meint die Leiterin der Salzburger Aids-Hilfe, Maritta Teufl-Bruckbauer. Trotzdem widmet sich die Aids-Hilfe seit Jahren auch dieser "vergessenen Menschengruppe", wie sie Teufl-Bruckbauer nennt.

Etwa einhundert HIV-positive Asylwerber und illegal eingereiste Patienten würden derzeit in Österreich betreut, schätzt sie: "Mehrheitlich Afrikaner, aber auch Asiaten und Osteuropäer." Viele werden seit Jahren mit einer Kombinationstherapie behandelt, mit der die Vermehrung des HI-Virus im Körper behindert wird. Einigen dieser "Altfälle" drohe jetzt die Abschiebung oder sie hielten bereits den Bescheid in Händen, berichtet Teufl-Bruckbauer.

So auch beispielsweise jener heute 40-jährige Nigerianer, der im November 2001 in einem Lkw versteckt nach Österreich gekommen ist. Bei ihm wurde im Zuge der Behandlung einer Tuberkuloseerkrankung auch das HI-Virus festgestellt. Nach den negativ abgeschlossenen Asylverfahren wurde ihm Ende Dezember vergangenen Jahres der Ausweisungsbescheid der Sicherheitsdirektion Salzburg zugestellt.

Für Teufl-Bruckbauer ist die Abschiebung des Mannes in sein Herkunftsland freilich undenkbar: "Aids-Kranke werden in den Tod geschickt", kommentiert sie den Bescheid. Ihr Klient verfüge weder über Geld noch über Kontakte in sein Herkunftsland. Die Fortsetzung der Therapie in Nigeria sei schon aus finanziellen Gründen unmöglich. Der Mann würde das Jahr 2010 wohl nicht überleben, befürchtet sie.

Die Behörde beurteilt die Situation in Nigeria allerdings etwas anders. In Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt gehe man davon aus, dass die Aids-Erkrankung "in ihrer Heimat Nigeria sehr wohl behandelbar ist", heißt es im Ausweisungsbescheid. Rechtlich stützt sich die Sicherheitsdirektion auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Dieser habe sich in einem ähnlichen Fall ebenfalls nicht gegen die Ausweisung einer mit HIV-infizierten Person nach Tansania ausgesprochen.

Keine absichtliche Infektion

Gottfried Mernyi vom Aktionsbündnis gegen HIV/Aids, das sich der Hilfe für HIV-Infizierte weltweit widmet, ortet im Standard-Gespräch angesichts solcher Ausweisungsbescheide bei den Behörden zwar "keine Bösartigkeit", aber eine Unkenntnis über die Verhältnisse in den Herkunftsländern. Die Beamten hätten wenig Ahnung, wie wichtig Betreuung und Therapie für die Betroffenen sei. Zudem gebe es einen Denkfehler: "Es steckt sich ja niemand absichtlich an, nur damit er einen Aufenthaltsstatus bekommt." (Thomas Neuhold, DER STANDARD Printausgabe, 09./10.01.2010)