Spaniens Premier José Luis Zapatero macht seinem Spitznamen alle Ehre. "Bambi" wird der Sozialdemokrat genannt, wegen seines sanften politischen Stils. Das ist nicht nur positiv gemeint. Kritiker beklagen seinen wenig ausgeprägten Machtinstinkt.

Beim ersten Auftreten mit Herman Van Rompuy, dem neuen ständigen Präsidenten des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs, hat "Bambi" in seiner Funktion als derzeitiger EU-Ratspräsident jedoch vorgezeigt, wie gut es ist, wenn einem Politiker Überzeugung wichtiger ist als persönliche Eitelkeit. Rompuy sei "der Chef der Chefs" , erklärte Zapatero, er sehe überhaupt keinen Grund, ihm in die Parade zu fahren: Rompuy sei der Mann, der die Union nach außen vertrete. Spanien als Vorsitzland für sechs Monate werde Zuarbeit in den EU-Ministerräten leisten.

Das ist gut und wichtig: Der neue EU-Vertrag lässt einigen Interpretationsspielraum, wie die vielen Präsidenten - Buzek im Parlament, Barroso in der Kommission, Ashton als dessen Vizepräsidentin und EU-Außenministerin - kooperieren. Am schlimmsten wäre es, wenn Europas Spitzen von Anfang an streiten würden. Zapatero aber akzeptiert, was der Lissabon-Vertrag vorsieht: eine Stärkung der EU-Institutionen. Und Rompuy, der eher schwache Kandidat der Regierungen, legt sich ins Zeug. Bereits in fünf Wochen ruft er zum Wirtschaftssondergipfel. Zu hoffen ist, dass er sich - wie Barroso - jederzeit und oft dem EU-Parlament stellt. So könnte europäische Demokratie wachsen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe 9./10. Jänner 2010)