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Präsident Forsthuber: Bei Einhaltung des aktuellen Stellenplanes "wäre das System zusammengebrochen".

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Friedrich Forsthuber ist keiner, der gleich einmal auf den Tisch haut. Stellt er eine Forderung, dann untermauert er dies erst einmal mit entsprechenden Erhebungen. Bei seinem Antritts-pressegespräch als neuer Präsident des Wiener Straflandesgerichts merkte Forsthuber am Dienstag allerdings trotzdem an: Wenn die derzeitige Personalnot an Richtern zu einer "längeren Dauer von Verfahren" führe, sei dies "eine unhaltbare Situation. Wie kommen Staatsbürger dazu, dass sie in neuralgischen Bereichen Qualitätseinbußen hinnehmen müssen?"

Dass sich die Dauer von Verfahren bald gehörig in die Länge ziehen könnte, ist laut Forsthuber nicht aus der Luft gegriffen: Laut einer "Personalanforderungsrechnung", bei der die Bearbeitung von Akten "in Echtzeit erhoben" worden ist, bräuchte das Graue Haus 74 Richterplanstellen. Diese wurden allerdings im Zuge der Justizreform Anfang 2008 von 76 auf 64 Planstellen heruntergekürzt.

Diese Einsparung wurde noch nicht vollständig umgesetzt, sodass derzeit noch 68 Richter am Straflandesgericht tätig sind. Bei 64 Planstellen "wäre aber das System zusammengebrochen. Wir sind an einer wirklichen Kapazitätsgrenze", warnt Forsthuber.

Und dies betreffe lediglich den "Normalbetrieb": "Laut meinen Recherchen sind bei der Staatsanwaltschaft mehr als zehn Wirtschaftsgroßverfahren anhängig", die auf das Landesgericht für Strafsachen zukommen könnten.

Dazu kommen noch die fehlenden Mitarbeiter der Richter: Die Einsparungen in diesem Bereich seien "die große Keule", sagt Forsthuber. Schließlich sei es das Ziel der Justizministerin, österreichweit in den nächsten Jahren 170 Mitarbeiter abzubauen.

Derzeit ist die Politik allerdings noch damit beschäftigt, den Personalengpass im Bereich der Staatsanwaltschaft zu diskutieren. Vizekanzler Josef Pröll (VP) hatte am Montag angesichts der anstehenden Wirtschaftsverfahren - von der Hypo-Alpe-Adria-Bank über die in den Sog des US-Milliardenbetrügers Bernard Madoff geratene Wiener Bank Medici bis hin zum Kärntner Finanzdienstleister AvW - 20 zusätzliche Staatsanwälte in Aussicht gestellt.

"Umschichtungen"

Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP) hatte allerdings ein Aufschnüren des im Vorjahr beschlossenen Stellenplans abgelehnt. Am Dienstag kündigte Pröll daraufhin "Umschichtungen" auch im eigenen Finanzressort an - worauf sich auch Heinisch-Hosek für "unbürokratische Lösungen" aussprach.

Ob Richter oder Staatsanwälte: Seit den tödlichen Schüssen im Bezirksgericht Hollabrunn ist auch das Sicherheitsthema wieder aktuell. Forsthuber hat bereits Gespräche mit Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl geführt: Er wünscht, dass neben den Sicherheitskontrollen an Eingängen während des Parteienverkehrs ständig zwei Polizisten im Straflandesgericht anwesend sind.

Geplant ist auch ein neues Service-Center als Anlaufstelle für Besucher. Doch dessen Umsetzung werde noch mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2010)