Präsidentin der Herzen, jetzt auch im Kino: Frau Ute Bock, Flüchtlingshelferin und Mittelpunkt von "Bock for President"

Foto: Stadtkino

Wien - Manchmal erscheint im Lichte der verordneten Verhältnisse das Nächstliegende ganz unvernünftig: "Noch einmal so blöd sein" würde Frau Bock nach eigenen Angaben wahrscheinlich und wieder als Privatperson Funktionen übernehmen, für die sich staatliche Einrichtungen nicht mehr zuständig fühlen.

Seit 2002 betreut Ute Bock, ehemals Leiterin des städtischen Gesellenheims Zohmanngasse in Favoriten, Flüchtlinge, Asylwerberinnen und -werber mit dem Verein, der ihren Namen trägt. Rund 200 Personen bietet sie in Wohnungen Unterkunft. Sie und ihr Team vermitteln bei Ämtern und Behörden und bieten vielfältige Hilfe an. Über den Zeitraum von zwei Jahren waren bei dieser Arbeit auch immer wieder Kameras zugegen. Den Dokumentarfilm, der so nach und nach entstanden ist, kann man jetzt im Kino sehen.

"Bock for President" von Houchang und Tom-Dariusch Allahyari macht schon mit seinem Titel unmissverständlich klar, wie er zur Protagonistin und ihrer Arbeit steht. Das Porträt der unermüdlichen Aktivistin ist von großer Nähe geprägt, die wiederum von geteiltem Engagement und familiären Beziehungen herrührt. Die Filmemacher, Ex-Schwager und Neffe von Ute Bock, haben diese schon in anderer Form tatkräftig unterstützt, bevor sie ihren Einsatz für die gerechte Sache nun um einen Film erweiterten.

Diese Konstellation erlaubt es, die Frau, die eigentlich kein Privatleben hat und in einem kleinen Zimmer über ihrer Arbeitsstätte schläft, bei raren Ausflügen in ihre Vergangenheit zu begleiten - und so zu erfahren, weshalb sie "in der Erzieherei gelandet" ist - sowie ihr bei Begegnungen, Beratungen, Konfrontationen über die Schulter zu schauen.

Kein Platz für Sozialromantik

Dabei wird man fortwährend daran erinnert, dass Sozialromantik hier wirklich keine Rolle spielt: Obwohl gebürtige Oberösterreicherin, ist Frau Bock nämlich auch - und das ist eine sicher nicht unwesentliche Qualität beim humanitären Einsatz mitten unter Wienern - mit dem rauen Charme und der verbalen Treffsicherheit der Ortsansässigen gesegnet. Das bekommen die Unverbesserlichen unter ihren Schützlingen dann ebenso zu spüren wie die anonymen Raunzer und Stänkerer auf der Gasse.

Abgesehen von dieser Profilierung seiner Titelheldin aus Beobachtungen und fragmentarischen Interviewpassagen (es gibt schließlich Wichtigeres zu tun, als in eine Kamera zu reden), kommen im Film jene Menschen in den Blick und zu Wort, deren Geschichte, Geschicke und prekäre Gegenwart Ute Bocks Unterstützung fordern.

Zu Silvester, wenn es draußen blitzt und kracht, sagt Frau Bock entschuldigend zu ihrer kleinen Katze: "Der Mensch ist blöd." Gut wäre es, würde diese Blödheit immer so vernünftige Nebenwirkungen zeitigen wie im Falle von Frau Bock. (Isabella Reicher/ DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.1.2010)