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Männer unterscheiden sich nicht nur äußerlich von Schimpansen. Auch ihre Y-Chromosomen sind ziemlich verschieden.

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London - Das Chromosom, das den Mann zum Mann macht, hat in letzter Zeit für einiges wissenschaftliches Aufsehen gesorgt: So stellte man etwa fest, dass der Männermacher in der Erbsubstanz der Säugetiere in den letzten rund 300 Millionen Jahren zwei Drittel seiner Größe eingebüßt haben dürfte.

Das menschliche Y-Chromosom weist einige besondere Eigenheiten auf: Es beherbergt nur 78 bekannte Gene, die Hälfte sind Dopplungen - zum Vergleich: Das X-Chromosom enthält mehr als 1000 Gene. Ist das menschliche Y-Chromosom auf dem Abstellgleis der Evolution gelandet?

Ein US-Forscherteam rund um die Genetikerin Jennifer Hughes hat nun erstmals die "männerspezifische" Region der Y-Chromosomen (MSY) von Mensch und Schimpanse systematisch verglichen und kommt nun zu ganz anderen, überraschenden Ergebnissen: Bei der Untersuchung zeigte sich nämlich, dass die Y-Chromosomen sehr unterschiedlich sind und sich seit unserem letzten gemeinsamen Vorfahren rascher auseinanderentwickelten als der Rest des Genoms.

Die MSY-Region der Menschenaffen hat im Vergleich zur menschlichen ein Drittel bis die Hälfte der Gene verloren. Dies sei "ein signifikanter Unterschied in einer relativ kurzen Periode" von rund sechs Millionen Jahren Evolution, berichten die Forscher im britischen Wissenschaftsmagazin "Nature" (Online-Ausgabe) .

Als einen Grund vermuten die Forscher unterschiedliche Begattungspraktiken. So sei es bei Schimpansen durchaus üblich, dass ein Weibchen kurz hintereinander von mehreren Männchen begattet wird. Aus diesem Grund herrscht eine sehr viel stärkere Konkurrenz zwischen den Spermien - und hat bei den Schimpansen womöglich zur "Degeneration" der MSY-Region geführt. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 14. 1. 2010)