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Roland Koch, CDU-Hardliner

Foto: Reuters/Hanschke

Frankfurt/Main - Der stellvertretende CDU-Chef Roland Koch hat eine Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger gefordert und damit eine Welle der Empörung ausgelöst. In einem Interview der "WirtschaftsWoche" sprach sich der hessische Ministerpräsident für höhere Hinzuverdienstgrenzen bei Hartz-IV-Empfängern aus, forderte zugleich aber eine Arbeitspflicht als Gegenleistung für die öffentliche Unterstützung. Quer durch alle Lager erntete Koch heftige Kritik für diesen Vorschlag. Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ging auf Distanz.

Die CDU-Politikerin erklärte am Sonntag in Berlin: "Das Problem lösen wir nicht, indem wir sie beschimpfen, sondern gezielt helfen." Sie wisse, "dass es einige schwarze Schafe gibt, aber deswegen dürfen wir nicht alle Hartz-IV-Empfänger in eine Ecke stellen", mahnte die Ministerin. Ihrer Ansicht nach genügen die vorhandenen gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten.

"Es ist schon fast unanständig"

DGB-Chef Michael Sommer sagte der "Welt am Sonntag" mit Blick auf Koch: "Es ist schon fast unanständig, mit diesem Vorstoß zu suggerieren, dass die Arbeitslosen arbeitsscheu wären." Offensichtlich sei Koch "in der Klausurtagung der CDU auserkoren worden, in der ,Abteilung Vorurteile der Stammtische' im Trüben zu fischen". Ähnlich äußerte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel auf einer Klausurtagung der hessischen SPD in Friedewald: Koch habe ein "repressives Bild vom Menschen".

Der Sprecher des Erwerbslosenforums, Martin Behrsing, erklärte, Koch sei für "brutalstmögliche" Vorschläge und Hetze gegen bestimmte Gruppen bekannt. "Allerdings überspannt er diesmal den Bogen erheblich, wenn er ein Leben mit Hartz IV als angenehme Variante ansieht." Koch sei somit ein "höchstgefährlicher Brandstifter von sozialen Unruhen".

Der stellvertretende Vorsitzende der Linken im Bundestag, Klaus Ernst, sagte: "Was Koch da absondert, ist mittelalterlich." Er forderte CDU-Chefin Angela Merkel auf, Koch in die Schranken zu weisen. Der hessische Grünen-Fraktionsvorsitzende Tarek Al-Wazir warf Koch "politische Schizophrenie" vor.

In dem "WiWo"-Interview wurde Koch mit den Worten zitiert: "In Deutschland gibt es Leistungen für jeden, notfalls lebenslang. Deshalb müssen wir Instrumente einsetzen, damit niemand das Leben von Hartz IV als angenehme Variante ansieht." Und weiter: "Wir müssen jedem Hartz-IV-Empfänger abverlangen, dass er als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgeht, auch niederwertiger Arbeit, im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung."

IG-Metall-Chef fordert Reform der Hartz-Arbeitsmarktgesetze

Derweil mahnte IG-Metall-Chef Berthold Huber in einem Interview der Nachrichtenagentur DAPD eine umfassende Reform der Hartz-Arbeitsmarktgesetze an. Dringend nötig sei eine verlängerte Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I für diejenigen, die jahrzehntelang in die Sozialkasse einbezahlt und ohne eigenes Verschulden ihren Arbeitsplatz verloren hätten. Zugleich müsse das Schonvermögen erhöht werden, das Langzeitarbeitslose behalten dürfen, um etwa fürs Alter vorzusorgen.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise warnte die Politik im "Spiegel" allerdings vor einem Totalumbau bei Hartz IV. Die Reform sei in ihrem Kern richtig. Die Forderungen aus der Politik, das sogenannte Schonvermögen für Arbeitslose deutlich zu erhöhen, lehnt Weise dem Magazin zufolge ab. Auch DGB-Chef Sommer sagte im Deutschlandfunk: Statt die Zuverdienstgrenzen bei Hartz IV auszuweiten, müsse es das Ziel sein, "tatsächlich zu erträglichen Beschäftigungsverhältnissen zu kommen, und das heißt, zu sozial abgesicherten Arbeitsverhältnissen, wo man im Minimum so viel verdient, dass man davon einigermaßen gut leben kann". (APA/apn)