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foto: apa/mueller

Rom/Paris - Der Irak-Krieg stand auch am Samstag im Mittelpunkt zahlreicher europäischer Pressekommentare:

"La Stampa" (Turin): "Verteidigt Euch notfalls mit nackten Händen": Dazu hat Saddam Hussein seine (unglücklichen) Landsleute ermahnt. Statt die Menschen aufzurütteln, haben diese Worte aber nur Angst und Verzweiflung verbreitet. Wenn ein Diktator so spricht, dann heißt das, dass seine von Größenwahn und Paranoia besessenen Reden mittlerweile ihren traumhaften Aspekt verloren haben. Der Tyrann träumt nicht mehr, er tut nur so, als hätte er noch Hoffnung, aber tief in sich weiß er, dass sich das Schicksal gewendet hat. (...) Und die Menschen verstehen: Es gibt keine Hoffnung mehr."

"Il Messaggero" (Rom): "Für General Tommy Franks ist der Moment der Wahrheit gekommen: Der irakische Stier steht in der Ecke, verwundet und geschwächt, aber nicht gezähmt. Das ganze Ballett des Stierkampfes ist jetzt vorbei, und in wenigen Stunden werden sich die Gegner einen Kampf auf Leben und Tod liefern. Saddam Hussein hat nichts zu verlieren, außer seiner Ehre vor der arabischen Welt, und das hat er bis jetzt geschafft. Der wortkarge amerikanische General, und mit ihm zusammen die ganze Ehrentribüne in Washington, hat hingegen viel zu verlieren und muss sich seine Kräfte für den entscheidenden Angriff gut einteilen."

"Le Figaro" (Paris): "In dem Augenblick, in dem die US-Truppen im Begriff sind, mit der Schlacht um Bagdad zu beginnen, ist zu hoffen, dass es ein baldiges Ende gibt. Ganz gleich, ob man meint, dass dieser Krieg auf Irrtümern beruht, ist es vordringlich, ihn schnell mit so wenig Opfern und Zerstörungen wie möglich abzuschließen. (....) Um überzeugender und effizienter zu sein, haben die Amerikaner heute wieder das Interesse daran, international ein Maximum an Unterstützung zu erhalten. Wenn sie rasch akzeptieren würden, den Vereinten Nationen den politischen Wiederaufbau eines durch die Kriegskoalition befreiten Iraks anzuvertrauen, wäre dies ein eindringliches Signal an die arabische Welt. Und es wäre auch eine Botschaft, die von den Irakern in Bagdad gehört würde."

"Liberation" (Paris): "Das 'Schlangennest' Saddam Husseins und seiner Getreuen auszuheben, ist zwingend, um das Risiko eines gefährlichen Steckenbleibens in diesem Krieg abzuwenden. Solange (der irakische Machthaber) Saddam Hussein an der Macht bleibt, werden die Handlanger des Regimes nicht die Waffen strecken. Vielmehr werden Selbstmordattentate oder andere "unkonventionelle Aktionen" zunehmen, wie es der irakische Informationsminister versprochen hat. Solange die US-Armee nicht Saddam Hussein und Bagdad - Symbol des Überlebens seines Regimes - ein Ende bereitet, wird sie mit einer politischen, psychologischen und medienwirksamen Guerilla ebenso wie mit einer militärischen konfrontiert werden. Wie die Erfahrungen der israelischen Armee zeigen, sind diese Kämpfe weitaus schwerer zu gewinnen als die Schlachten in der Wüste."

"Schwäche der Vereinten Nationen"

"Neue Zürcher Zeitung" (Zürich): "Um glaubwürdig und wirksam zu sein, muss die Hilfe der Nichtregierungsorganisationen und der Hilfsagenturen der UNO von den Besetzungsbehörden unabhängig sein. In der Koordination der Hilfe kann und muss die UNO wieder eine Rolle im Irak finden, die ihrer Bestimmung entspricht und für die sie die nötigen Kompetenzen hat. Immerhin haben all die UNO-Delegierten, die heute an den irakischen Grenzen auf ihre Rückkehr warten, in den vergangenen Jahren die nötigen Erfahrungen und Kontakte aufgebaut, um auch im Land selber wieder schnell aktiv werden zu können.

Der Schwäche der Vereinten Nationen auf dem Höhepunkt der Irak-Krise steht der Einsatz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) gegenüber, das seine völkerrechtlichen und humanitären Aufgaben in vorbildlicher Weise wahrgenommen hat. Das IKRK hat damit die Grundlage für seine Unabhängigkeit und seine führende Rolle bei der Bewältigung zukünftiger Krisen im Irak und anderswo gefestigt."

"Kommersant" (Moskau): "Russland, Frankreich und Deutschland wollen das Unmögliche. Bei ihren Irak-Gesprächen in Paris haben die Außenminister der drei Länder die USA aufgefordert, die Zügel der Regierung im Nachkriegs- Irak an die Vereinten Nationen zu übergeben. Joschka Fischer, Dominique de Villepin und Igor Iwanow hatten sich bereits vor einem Monat in Paris getroffen. Damals ging es noch darum, eine Zustimmung der Vereinten Nationen zu einem Krieg im Irak zu verhindern. Nun, zwei Wochen nach dem Beginn des Krieges, fordert das Trio, die Vereinten Nationen am Wiederaufbau im Irak zu beteiligen."

"The Daily Telegraph" (London): "Ein Vorgeschmack dessen, was die Koalitionstruppen in Bagdad erwartet, ist in den vergangenen zwei Wochen in Basra demonstriert worden. Dort sind die britischen Streitkräfte mit einer Mischung von konventionellen Angriffen und Anti-Guerilla-Taktik gegen irakische Soldaten und Milizen vorgegangen. Ohne die Stadt selbst zu belagern, haben sie Sektor für Sektor die Kontrolle erlangt. Es wäre von großer psychologischer Bedeutung, wenn die Briten Basra bald einnehmen könnten. Es wäre noch ein größerer symbolischer Sieg als die Einnahme des Flughafens von Bagdad." (APA/dpa)