Willi Forst, (1903-1980), Starregisseur, Filmschauspieler und "ein Filmstil aus Wien".

Foto: Filmarchiv Austria

Wien - Die Helden Willi Forsts, schreibt Georg Seeßlen, beträten "die Leinwand und das Geschehen schon vor allen Schicksalsschlägen und manchmal ganz ohne sie als beinahe aufreizende Melancholiker". Die Forst-Männer, gerne mit Attributen wie elegant und verführerisch versehen, scheinen nicht erst heute anachronistisch:

Schon in den Erzählungen, in denen sie auftauchen, wirken sie oft wie ein Relikt (oder sind tatsächlich der Prinz von Arkadien) und nehmen also im Kontext männlicher Filmfiguren eine eigentümliche Stellung ein. Der bekannteste ist wohl Georges Duroy in Bel Ami (1939), und einer der wunderbar-traurigsten ist der "kleine Gardeoffizier" in Géza von Bolvárys Das Lied ist aus (1930): Als unstandesgemäße Partie denunziert, kann er nur die Augen niederschlagen und Haltung bewahren, während es aus dem Nebenzimmer tönt: "Frag nicht, warum ich gehe, frag nicht, warum."

Seeßlens Text ist Teil der umfangreichen Anthologie, die Armin Loacker begleitend zur Retrospektive des Filmarchivs herausgegeben hat und die den programmatischen Titel trägt: Willi Forst - Ein Filmstil aus Wien. (DER STANDARD, Printausgabe vom 7.4.2003)

Forst wurde am 7. April 1903 in Wien geboren. Als Sechzehnjähriger erhält er sein erstes Bühnenengagement, in den frühen 20er-Jahren erste Filmrollen. Mit Beginn des Tonfilms kann er sich endgültig als Leading Man etablieren. 1933 dann führt er auch Regie: Leise flehen meine Lieder wird der erste einer ganzen Reihe von Publikumserfolgen. Seinen letzten - erfolglosen - Film, Wien, Du Stadt meiner Träume, dreht er 1958. 1980 stirbt er im Wiener Hanusch-Krankenhaus.

Dazwischen hat Forst mit seinen "Wiener Filmen" - Maskerade (1934), Burgtheater (1936), Operette (1940), Wiener Blut (1942), u. a. - Filmgeschichte geschrieben, einen eigenen Stil entwickelt und laut seiner Selbstdarstellung mit dem Beharren auf österreichische Stoffe und ein österreichisches Produktionsumfeld außerdem "stillen Widerstand" geleistet.

Dabei machen die Wiener Filme nur einen Teil in Forsts Werk aus: 1943 etwa dreht er Frauen sind keine Engel. Ein eskapistischer Unterhaltungsfilm, der auf einem Kreuzfahrtschiff spielt und auch sonst ganz losgelöst scheint aus realen Zusammenhängen. Alle sind hier auf wundersame Weise nur mit dem Drehen von Filmen beschäftigt:

An Bord reisen ein Starregisseur (Axel von Ambesser) und sein Autor (Richard Romanowsky) - Ersterer wird von Passagierinnen belagert, die unbedingt zum Film wollen, Letzterer versucht, das Geschehen an Bord in ein neues Filmscript zu übertragen. Sein Freund und Partner weist diese Ideen beharrlich als fürs Kino nicht tauglich zurück.

Dabei ist er, ohne es zu ahnen, bald selbst Darsteller in einem Film im Film: Die Frau (Marte Harell), in die er sich verliebt und deren dunkles Geheimnis ihn fasziniert, hat ihm exakt dieses Szenario vor langer Zeit zugesandt, aber weil er von weiblichen Autoren nichts hält, hat er es nicht einmal gelesen.

Alle spielen also. Die Ebenen kreuzen und durchkreuzen einander. Der Regisseur hat schließlich das letzte Wort. Frauen sind keine Engel wurde, so schreibt der Filmhistoriker Michael Wedel im Programmheft, lange Zeit als Nebenwerk bewertet.

Dabei weist er genau jene "ungewöhnliche Offenheit", jenes "Spiel mit Genrekonventionen und Publikumserwartungen" auf, das das Werk von Willi Forst generell kennzeichnet und seine Filme auch heute noch sehenswert macht.
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