Wien - Die städtischen Kontrolleure bereits prüfen zu lassen, bevor überhaupt der erste Bagger aufgefahren ist, war im Fall des Großprojekts Krankenhaus Nord offenbar eine Zeit, Ärger und vor allem Geld sparende Maßnahme. Ein Gutteil der von den Kontrollamts-Mitarbeitern im Prüfverfahren formulierten Kritik floss nämlich in die weitere Projektplanung ein, bevor das 96 Seiten starke Papier überhaupt fertig war.

Bis 2015 soll in Wien-Floridsdorf ein 900-Betten-Spital entstehen. Anstatt viele einzelne Bauaufträge zu vergeben, will der Krankenanstaltenverbund (KAV) das Projekt mittels Public Private Partnership umsetzen: Ein Totalunternehmer stellt das Grundstück zur Verfügung und baut das Spital zu einem Fixpreis, der KAV zahlt Miete. Das Partnermodell habe den großen Vorteil - so das Argument des KAV -, dass von Anfang an das Know-how des Bieterkonsortiums in die Planung einfließe. Die Vetragsvariante mit einem garantierten Maximalpreis hält das Kontrollamt allerdings für keine gute Idee. "Dadurch werden die Errichtungskosten unter Ausschluss des Preiswettbewerbes durch Schätzung und Verhandlung ermittelt." Diese Vorgangsweise erscheine für öffentliche Auftraggeber "nicht unproblematisch".

Der KAV will nun wie empfohlen über einen transparenten Pauschalpreis-Vertrag nachdenken, bis Frühjahr 2010 muss man sich mit dem Bieterkonsortium aus Porr, Siemens und Vamed geeinigt haben. Kommt kein Vertrag zustande, baut der KAV doch noch selbst. Die Wiener SP will jedenfalls angesichts eines möglichen Verlustes der absoluten Mehrheit das Projekt neues Spital noch vor der Wahl im Oktober 2010 durch den Gemeinderat bringen.

Zu schnell festgelegt hat sich der städtische Krankenhausbetreiber laut Kontrollamt auch bei Grundstückswahl und Gebäudestruktur. Die ehemalige ÖBB-Werkstätte an der Brünnerstraße weise eine hohe Lärm- und Erschütterungsbelastung auf, bei der Grundstücksausnutzung habe man Architekt Albert Wimmers Entwurf mit Kammstruktur einer wesentlich flexibleren Pavillon-Bauweise vorgezogen.

Verflechtungen

An der Abwicklung des Architekturwettbewerbes an sich haben die städtischen Prüfer kaum etwas zu bemängeln. Kritisch angemerkt wird lediglich der Umstand, dass ein Sachpreisrichter aus den Reihen des Bieterkonsortiums eingesetzt wurde. Einen Interessenkonflikt "in einem kleinen, aber wichtigen Bereich" hält das Kontrollamt in Sachen begleitender Kontrolle des Bauvorhabens fest: Die gesellschaftliche Verflechtung mit dem bauausführenden Unternehmen habe dazu geführt, dass das Vieraugenprinzip im projektinternen Kontrollsystem verloren gegangen sei.

Aktiv wurde das Kontrollamt auf Antrag der Wiener Grünen, Planungssprecherin Sabine Gretner nennt den Bericht "diplomatisch formuliert": "Er zeigt auf, dass von Anfang an unprofessionell gearbeitet wurde." Gänzlich anders sieht das naturgemäß die SP: "Die Versuche der Grünen, das Krankenhaus Nord schlechtzureden, scheitern auch mit diesem Bericht", sagt SP-Gemeinderat Kurt Wagner. Für VP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec ist das Papier "ein Beweis dafür, wie wichtig Prüfungen sind". (Martina Stemmer/DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2010)