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Ein Fall für zwei:Währungsfonds-Chef Dominique Strauss-Kahn (li.) war bereits seit Ausbruch der Krise aktiv in Osteuropa. Nun steigert auch die Weltbank unter Robert Zoellick (re.) ihr Engagement.

Foto: Reuters/Yuri Gripas

Wien - Wien wird zur Drehscheibe für faule Kredite. Im Rahmen einer Offensive zur Stärkung des zentral- und osteuropäischen Bankenwesens errichtet die Weltbankgruppe mehrere Sonderfonds, mit denen unter Druck geratene Banken unterstützt werden sollen. Die erste derartige Bad Bank wird soeben in Wien errichtet und soll nach Informationen aus Washington in den kommenden drei Monaten operativ werden. Insgesamt soll der Fonds, der von einem US-Investmentunternehmen verwaltet wird, ein Kapital von mehr als 250 Millionen Dollar aufstellen.

Die Errichtung eines zweiten, größeren Notfonds soll heute, Donnerstag, in der Weltbankgruppe abgesegnet werden. Die Fonds sollen Banken notleidende Kredite abkaufen oder bei der Umstrukturierung helfen. Von der Weltbankgruppe sollen dafür insgesamt 1,5 Milliarden Dollar fließen. Bei der Raiffeisen International ist von einem „interessanten" Konzept die Rede, bei der Erste Bank hat man von dem Projekt bisher noch nichts gehört.

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Wien/Washington - Wo die meisten Menschen nur einen großen Scherbenhaufen sehen, erblickt der Weltbankbeamte Jean-Marie Masse einen gewaltigen Markt. Steigende Arbeitslosigkeit und fallende Währungen haben dazu geführt, dass tausende Menschen in Zentral- und Osteuropa die Raten für ihre Bankdarlehen nicht mehr bezahlen können. In der Region schlummern nach Schätzungen faule Kredite in Höhe von bis zu 200 Milliarden Dollar.

Masse und seine Kollegen von der Weltbank-Gruppe in Washington bauen derzeit die ersten Bad Banks für Osteuropa auf. Sitz des neugegründeten Fonds: Wien.

Hier soll in den kommenden drei Monaten der "CEE Special Situations Fund" seine Arbeit aufnehmen. Die Idee dahinter: Der Fonds bietet Banken an, ihre faulen Kredite aufzukaufen oder bei der Neustrukturierung zu helfen. Die Anschubfinanzierung kommt primär von der International Finance Corporation, einer Weltbanktochter, die sich auf den Privatsektor konzentriert. Private Anleger sollen folgen. Insgesamt soll der Fonds 200 MillionenEuro aufstellen. "Keine Bank will die kommenden Jahre damit verbringen, den Schuldeneintreiber zu spielen" , sagt Masse.

Der Fonds werde Kredite zu einem "vernünftigen" Preis kaufen und mit dem eigenen Know-how rentabel verwerten. "Das Geschäft mit faulen Krediten läuft in den USAbereits voll. Auch in Europa wird es einen großen Markt geben." Interesse soll es bereits auch aus Österreich geben.

90 spezialisierte Anwälte

Betreiber des Fonds in Wien ist das US-Investmentunternehmen CRG-Capital, laut Firmenbuch mit Sitz im Steuerparadies Delaware. Primäres Ziel von CRG werden die Märkte in Polen, Rumänien, Ungarn, dem Baltikum, aber auch in der Ukraine sein, heißt es bei CRG in Wien. Nähere Details darüber, wie die faulen Kredite saniert werden sollen, gibt es nicht. Nur so viel:"Wir haben jede Menge Erfahrung und allein in den USA 90 spezialisierte Anwälte" , sagt CRG-Finanzchef Dorian Macovei.

Während sich CRG auf in Turbulenzen geratene Unternehmen konzentriert, arbeitet die Weltbank bereits an weiterenTestballonen, die auch private Haushalte einbeziehen sollen. So wird heute, Donnerstag, bei der International Finance Corporation über eine weitere Kooperation mit dem Investor Värde Management abgestimmt. Dabei will die Weltbank 100 Millionen Dollar zuschießen, Värde soll weitere 400 Millionen aufstellen. Die Mittel der Weltbank-Gruppe stammen aus dem "Distressed Asset Recover Program" , das im vergangenen Oktober von Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds gegründet wurde.

Die alles entscheidende Frage wird nun sein, ob Banken an dem Programm teilnehmen. "Die Sache sieht sehr interessant aus", sagt Raiffeisen-International-Sprecher Michael Palzer, es sei ein Versuch, wieder Bewegung in die Märkte zu bringen. Es sei aber noch zu früh zu sagen, ob sich die Raiffeisen konkret am Programm beteilige. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.01.2010)