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Zu Person

Dimitris Droutsas (41) ist in Nikosia geboren und studierte in Wien. Ende der 1990er war er Berater von Wolfgang Schüssel. Er könnte Premier Giorgios Papandreou als Außenminister nachfolgen. Droutsas ist mit der Journalistin Faye Karaviti verheiratet.

Foto: AP / Geert Vanden Wijngaert

Der stellvertretende griechische Außenminister Dimitris Droutsas will die Integration des Westbalkans in die EU mit der Agenda 2014 antreiben, die der Thessaloniki-Agenda folgt, sagte er zu Robert Stadler. Dimitris Droutsas will 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg die EU-Integration des Westbalkans.

STANDARD: Behindert die derzeitige finanzielle Lage des Landes Ihre diplomatischen Aktivitäten?

Droutsas: Die neue griechische Regierung hat der EU bereits sehr konkrete und seriöse Vorschläge unterbreitet. Ich denke, dass auch die internationalen Märkte diese Vorschläge sehr bald positiv bewerten werden. Die schwierige ökonomische Lage heißt nicht, dass Griechenland in den internationalen Entwicklungen keinen wertvollen Beitrag leisten kann, vor allem was unsere unmittelbare Nachbarschaft anbelangt: Balkan und Naher Osten.

STANDARD: Außenminister Michael Spindelegger ist gerade in Athen. Ziehen Wien und Athen beim Thema Westbalkan an einem Strang?

Droutsas: 2003 hat Griechenland als es die EU-Präsidentschaft innehatte mit der Thessaloniki-Agenda den Ländern des Westbalkans erstmals eine konkrete Beitrittsperspektive gegeben. In den letzten Jahren hat sich diese Dynamik abgeschwächt. Wir wählen als Ziel-Datum nun das Jahr 2014 unter dem Aspekt, dass dann einhundert Jahre seit dem Beginn des Ersten Weltkriegs vergangen sind. Die EU muss symbolisch als das erfolgreichste Friedensmodell Verantwortung übernehmen und auf dem Balkan für Frieden und Stabilität sorgen. Österreich teilt diesen Ansatz mit uns.

STANDARD: Warum will Griechenland dem Nachbarn den Namen "Mazedonien" nicht zugestehen?

Droutsas: Der größte Teil dieser Region ist griechisches Hoheitsgebiet. Skopje nimmt für sich in Anspruch, die gesamte Region nach außen hin vertreten zu wollen. Man kann hier Gebietsansprüche nicht ausschließen. Die griechische Regierung hat vom ersten Moment ihren Willen zur Kooperation gezeigt. Die Resonanz seitens Skopjes ist bis jetzt noch nicht jene, die wir uns wünschen. Griechenland will aber im Rahmen der Agenda 2014 jener Staat sein, der auch Skopje in die EU hineintragen wird. Voraussetzung ist die Lösung der Namensfrage.

STANDARD: Athen plädiert für den Beitritt der Türkei, Österreich für eine "privilegierte Partnerschaft".

Droutsas: Da bestehen keine grundlegenden Differenzen. Griechenland unterstützt den EU-Beitrittsprozess der Türkei, damit sie Reformen durchführt und man von einer Demokratie nach europäischem Standard sprechen kann. Dann sehen wir keinen Grund, warum die Türkei nicht der EU beitreten sollte.

STANDARD: Wie steht die Chance für eine Lösung des Zypernproblems?

Droutsas: Ich wäre froh, wenn ich ein bisschen optimistischer sein könnte. Leider geben uns die letzten Entwicklungen in den Gesprächen nicht wirklich Anlass dazu.

STANDARD: Auch hinsichtlich des Kosovo differieren die Herangehensweisen Wiens und Athens.

Droutsas: Ich bin der Ansicht, dass wir in der Frage lange Zeit die Stimme der USA gehört haben, auch die Stimme Russlands, die wahre Stimme der EU konnte man nicht hören. Wenn die EU damals der Region insgesamt eine konkrete Beitrittsperspektive aufgezeigt hätte, hätten viele der nachfolgenden Entwicklungen vermieden werden können. Deswegen ist unsere Initiative der Agenda 2014 von sehr großer Bedeutung.  (DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2010)