Nach dem erzwungenen Rückzug der bulgarischen Kommissionskandidatin Rumiana Jeleva kam es am Donnerstag in Straßburg erneut zu einem Eklat zwischen den EU-Abgeordneten auf der einen sowie EU-Kommission und Ministerrat auf der anderen Seite.

Auslöser war das geplante Interimsabkommen der Union mit den USA zum Bankdatenaustausch ("Swift" ) im Zuge der Terrorbekämpfung. Die wegen Eingriffen in Datenschutz- und Grundrechte heikle EU-Regelung soll bereits 1. Februar - für acht Monate - in Kraft treten. Bei der Aussprache im Plenum teilte der spanische Europastaatssekretär Diego Lopez-Garrido (Spanien hält derzeit den EU-Vorsitz) den konsternierten Abgeordneten mit, dass der Rat dem Parlament die Vorlage nicht habe liefern können.

Die EU-Kommission habe die nötigen Übersetzungen nicht erledigt. Kommenden Montag, sechs Tage vor Inkrafttreten, werde das aber geschehen. Diese Erklärung löste bei den Fraktionschefs von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen Empörung aus. Guy Verhofstadt (Liberale) kündigte an, dass seine Fraktion unter diesen Umständen nicht zustimmen werde. Er kündigte die Beantragung einer Sonder-Plenarsitzung für nächste Woche an.

Noch deutlicher Martin Schulz (SPE): "Wir sind hier nicht auf einem Jahrmarkt" , donnerte er in den Saal, so sei "ein reguläres legislatives Verfahren nicht möglich". Kommission und Rat zeigten, "dass ihnen das Parlament schnurzegal ist" , sagte Schulz, aber "mit diesen Spielchen ist nun Schluss" . Der Innenministerrat hat Swift am 30. November - am Tag vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages - am Parlament vorbei beschlossen, braucht jetzt aber dessen Zustimmung. Auch die Grünen lehnen das Interimsabkommen ab.

Etwas entspannt hat sich die Lage im Bestätigungsverfahren der neuen Kommission. Die Ausschüsse haben 23 von 26 Kandidaten bestätigt. Bei Olli Rehn (Wirtschaft/Währung), Neelie Kroes (Digital) gibt es kritische Anmerkungen. Die Christdemokraten wollen, dass Kroes mit Rehn das Ressort tauscht. Präsident José Manuel Barroso kündigte an, die Zuständigkeit nicht zu ändern. Die bulgarische Kandidatin Kristalina Georgieva (humanitäre Hilfe) wird am 3. Februar angehört.

Im Amt bestätigt wurde vom Plenum der Grieche Nikiforos Diamandoros als EU-Ombudsmann. Er vertritt die Rechte der Bürger vor den EU-Institutionen. (Thomas Mayer aus Straßburg/DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2010)