Pirmin Blum verpasst Michelangelo Buonarrotis Madonna die Augen von John Wayne: Dem Betrachter wird dadurch ein Perspektivwechsel, eine Innensicht, vorgeschlagen. ("Maria" aus der Serie "with one's own eyes", 2009)

Foto: Galerie Winiarzyk

Morbid: Müsste man die Stimmung von Pirmin Blums aktueller Schau "with one's own eyes" in der Galerie Winiarzyk in nur einem Wort zusammenfassen, wäre dies das passende. Die durch vier Räume führende düstere Prozession, in spärlichem, diffusem, bisweilen auch flackerndem Licht, vermag durchaus die Kehle zu beengen.

Gleich zu Beginn schüttet uns der 1969 in der Schweiz geborene Künstler eine Fuhre Erde vor die Füße. Ein aus Betrachterperspektive überschaubarer Haufen, dessen tatsächliches Gewicht von einer halben Tonne sich erst beim Blick zurück als erstickend schwer erweist: Da offenbart sich das Holzpodest als Teil einer Beckett'schen Bühne, deren Souffleurkasten durch den abgeladenen Humus zum dunklen, aber vor allem stummen Gefängnis wird: Aussichtslosigkeit - nicht nur im übertragenen Sinn.

Blum, der zunächst in Genf Malerei studiert hat, um dann in Wien bei Peter Kogler das Studium digitaler Medien abzuschließen, ist ein Springer zwischen den unterschiedlichsten Medien; er eignet sich Arbeitsweisen ebenso an, wie er künstlerische Motive "appropriiert". Eine seiner Spielformen ist die Performance, deren "körperliche sowie räumliche Beziehungsstrukturen" Blum laut Pressetext in den aktuellen Arbeiten untersuchen will.

Die Performance vollzieht hier allerdings der Betrachter, indem er Blums szenisch gereihte Installationen durchschreitet: ein gelungener Gefühlsparcours, dessen Sog vor allem ein schwarzer "Tunnel" hervorruft. Er führt in den eigentlichen Hauptraum. Untitled (Black Beauty) ist aber vielmehr die Negation und Verweigerung von Raum, eine Oberfläche, die zu einer Innenseite umgestülpt wird: Vollkommen mit schwarzer, taktil reizvoll plissierter Plastikfolie ausgeschlagen, sind beklemmende Gedanken an die Schlachtungen des TV-Serienkillers Dexter gar nicht so abwegig. Eine wahrlich gefangen nehmende Installation: lebendig begraben oder zumindest den Tod vor Augen.

Dieser führt ja in vielen Religionen ins Licht: Dort empfängt uns Blum mit Propheten und Heiligen von Meister Donatello und mit Michelangelos Jesus und seiner Maria, die Augen trauernd niedergeschlagen: with one's own eyes (2009) bzw. in diesem Fall mit den Augen einer anderen Ikone. Die wässrigen Augen John Waynes laden ein letztes Mal zum Perspektivwechsel ein: zur reflexiven Innensicht. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.1.2010)