Österreichs Politikern ist wirklich nichts zu blöd. In diesen Tagen lieferten gleich zwei Minister den Beweis dafür: Der Vizekanzler, Finanzminister und VP-Parteichef dieser Republik, Josef Pröll, kürte am Donnerstagabend seinen Superpraktikanten nach einer zehnwöchigen Castingshow. Schon der Aufruf, sich für das einwöchige Praktikum zu bewerben, war an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Nicht zufällig sollten die Aktion und der Titel an die aus dem Fernsehen bekannten Shows zur Ermittlung eines "Supermodels" erinnern.

Im Stil einer Waschmittelwerbung wurde wochenlang in Spots getrommelt: "Bist Du Österreichs Superpraktikant? Du willst das begehrteste Praktikum des Landes? Du willst in die faszinierende Welt der Politik eintauchen?" Versprochen wurde "eine der aufregendsten Wochen des Lebens" - an der Seite von Josef Pröll "wo Politik passiert". Dank dieser Mitteilung bei der Praktikantensuche wissen jetzt alle, die nicht regelmäßig die ORF-Sendungen Seitenblicke oder Chili konsumieren, was "Super-Sepp" Pröll so treibt, wenn er nicht im Ministerium oder im Ministerrat sitzt: "Beim Wiener Jägerball und beim Nachtslalom in Schladming bist du als V.I.P. an der Seite von Josef Pröll live dabei."

Das Praktikum ist unbezahlt - allein das ist eigentlich ein Hohn für all jene, die der sogenannten Generation Praktikum angehören: Junge Menschen sind in der Arbeitswelt von heute häufig gezwungen, unbezahlte Beschäftigungen anzunehmen, um zumindest Joberfahrung zu sammeln. Das ist die Lebensrealität vieler, die die ÖVP mit diesem neuen Politikstil ansprechen will. So gesehen, erübrigt sich dann jede ernsthafte Diskussion um ein Transferkonto.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied holte sich ein Popsternchen an ihre Seite, um ihre Vorstellungen im Bildungsbereich zu promoten. Es war dann aber nicht die Bildungsreform der SPÖ-Politikerin, die für Aufsehen sorgte, sondern vielmehr die Bundeshymne, die Christl Stürmer in eine Rockversion mit dem Text "Heimat bist Du großer Söhne und Töchter" brachte. Schmied wählt auch vorzugsweise Boulevardmedien, um Neuigkeiten in ihrem Ressort oder Ultimaten zu verkünden.

Die Superpraktikantensuche ist "eine Aktion von Josef Pröll powered by ATV, Heute und Kronehit" . Wer sich als Politiker auf dieses Niveau begibt, sucht sich konsequenterweise die richtigen Partner - Privatsender und eine Gratiszeitung.

Wobei die Grenzen inzwischen verschwimmen: Auch der ORF setzt auf Boulevard als Rettung aus der Quotenkrise. Die ZiB 1 dauerte am Mittwoch 17 Minuten, die Konkurrenzsendung Chili 19 Minuten, wobei allein Baumeister Richard Lugner vier Minuten und 29 Sekunden für die Vorstellung seines Opernballgastes eingeräumt bekam. Die Seitenblicke widmeten ihm noch einmal fast zwei Minuten. Kein Politiker erhält so viel Sendezeit.

Die Konsequenz: Politiker verkaufen sich in den Seitenblicken und praktizieren den Proll-und-Promi-Faktor, um überhaupt vorzukommen. So kommen sie in die Schlagzeilen: Mit Glamour und Klamauk statt Glaubwürdigkeit und Kärrnerarbeit. Damit soll über Inhalts- und Konzeptlosigkeit der Politik von heute hinweggetäuscht werden. So wird für alle sichtbar, dass Politik nur noch Show ist. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2010)