Der Letzte seiner Art: Der unvergleichliche Rhythm-'n'-Blues-Sänger Bobby "Blue" Bland feiert heute seinen 80. Geburtstag.

Foto: Malaco

Wien - Die gutturalen Laute, die seine Intonation begleiteten und Rufen wie "Oh Lord!" emotionale Schwere und eine Packung Gänsehaut für die Empfänger seiner Botschaft mitlieferten, sind zwar einer dem Alter geschuldeten Milde gewichen. Dennoch zählt der bis heute aktive Bobby Bland zu den herausragendsten Stilisten, die der Rhythm 'n' Blues je hervorgebracht hat. Das war für den am 27. Jänner 1930 in Rosemark, Tennessee, geborenen Sänger Fluch und Segen zugleich.

Denn einerseits zählt Bland, dem von Fans früh ein stimmungsaffines "Blue" als Zweitname verliehen worden war, zu den erfolgreichsten Soulsängern aller Zeiten. Ab den 1950er-Jahren platzierte er dutzende Hitsingles und Alben in den R-'n'-B-Charts und füllte die größten Hallen. Andererseits blieb ihm der Erfolg am weißen Markt weitgehend verwehrt. Er klang dem weißen Amerika zur Zeit der gesellschaftlichen Umwälzungen der 1960er einfach zu intensiv, zu schwarz.

Robert Calvin Bland zog mit seiner Mutter früh nach Memphis, wo er ein "Beale Streeter" wurde. Die Beale Street war das Zentrum der schwarzen Musik, in der Elvis-Presley-Entdecker Sam Phillips Talente suchte und die Elvis selbst frequentierte. Es gibt sogar Fotos, die den jungen Bland neben dem jungen Elvis zeigen - beide mit derselben Frisur.

Mitte der 1950er tourte Bland mit Junior Parker, dem Verfasser des Rock-'n'-Roll-Klassikers Mystery Train, und arbeitete für seinen lebenslangen Freund B. B. King als Chauffeur. Nach einer Verpflichtung in der Armee lief seine Karriere dann richtig an.

Für das texanische Duke-Label veröffentlichte dieses Kraftwerk, das nie Lesen oder Schreiben gelernt hat, sehnsuchtsvolle Stücke wie Stormy Monday Blues oder St. James Infirmary, dazu explosive Blues-Brüller wie I Smell Trouble. Songs, denen dieser zärtliche Vulkan erschütternde Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit verlieh. Ende der 1960er verlor Bland dann seine Band, den Anschluss an neue Trends, verfiel dem Alkohol und bekam Depressionen.

Anfang der 1970er kehrte er trockengelegt mit zwei Meisterwerken wieder: His California Album und Dreamer. Darauf befinden sich von HipHoppern wie Jay-Z oft gesampelte Weltnummern wie I Wouldn't Treat A Dog (The Way You Treated Me), Going Down Slow oder The Right Place At The Right Time, deren träge Eleganz ein Markenzeichen Blands sind. Klassiker der Moderne, nichts weniger!

Zwei mit B. B. King eingespielte Alben blieben hinter allen Erwartungen zurück, ebenso Versuche, Bland später für den Disco-Markt zu positionieren. Zwar verbuchte er immer wieder Achtungserfolge, aber erst das auf schwarze Musik spezialisierte Label Malaco, bei dem Bland seit den mittleren 1980ern unter Vertrag ist, ließ ihn wieder jene Musik veröffentlichen, die auch Jim Jarmusch für seinen Film Mystery Train verwendet hat: aus dem Gospel transformierten Deep Soul.

Heute, Mittwoch, feiert dieser Letzte seiner Art, vor dem sich 2009 Mick Hucknall von Simply Red mit dem Album Tribute To Bobby verneigt hat, in Memphis seinen 80. Geburtstag. Mit ihm auf der Bühne: seine Freunde und Kollegen B. B. King und Latimore. (Karl Fluch, DER STANDARD/Printausgabe, 27.01.2010)