Die Hausbesorger-Frage in der kommenden Wiener Volksbefragung entzweite Heribert Donnerbauer (ÖVP) und Michael Ludwig (SPÖ). Gerfried Sperl moderierte.

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Der Wiener SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig hält ein neues Hausbesorgergesetz für notwendig, ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer sagt, es geht auch ohne. Gerfried Sperl moderierte die Debatte.

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STANDARD: Was ist das Motiv der SPÖ, die Hausbesorger-Frage zur Volksabstimmung vorzulegen?

Ludwig: Aus vielen Gesprächen mit Mietern weiß ich, dass sie gerne wieder eine Person hätten, die sich vor Ort neben der Reinigung auch um andere, vor allem auch soziale Aufgaben kümmert. Sie soll als Ansprechperson anwesend sein, als "guter Geist" in der Hausgemeinschaft. Deshalb wollen wir, dass es wieder eine gesetzliche Basis auf Bundesebene gibt, damit die Mieter darüber entscheiden können, ob sie einen Hausbesorger, eine Hausbesorgerin wollen oder ob sie mit Reinigungstätigkeiten ihr Auslangen finden. Wir wollen niemandem etwas aufs Aug' drücken. Aber die Mieter, die dafür letztlich bezahlen, sollen die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden. Wir sollten mehr Demokratie wagen.

Donnerbauer: Niemand will zurück zum alten Hausbesorgergesetz. Die Wünsche der Bewohner - und die sind oft sehr unterschiedlich - sind von der bestehenden Gesetzeslage im Wesentlichen abgedeckt. Da und dort mag es einzelner Veränderungen bedürfen, etwa beim Arbeitszeitgesetz - dafür braucht man aber kein eigenes Gesetz.

Ludwig: Diese Berufsgruppe hat ganz spezielle Herausforderungen, die man sehr wohl gesetzlich festschreiben sollte. Auch ich möchte nicht zurück zur alten Situation, aber man hätte das frühere Hausbesorgergesetz einst novellieren und nicht abschaffen sollen. Wenn eine Volksbefragung in Wien deutlich macht, was die Bevölkerung will, dann sind die politischen Parteien gut beraten, gemeinsam mit den Sozialpartnern ein neues Gesetz zu schaffen, das für den Berufsstand gilt und den Mieterwünschen gerecht wird.

STANDARD: Ein neues Gesetz oder ein Bündel von Novellen - soll es gesetzliche Verpflichtungen geben? Ludwig: Mieter sind so mündig, dass sie für sich selbst entscheiden können, ob sie bereit sind, ein erhöhtes Serviceangebot mitzufinanzieren oder nicht - auch über eine geringfügig höhere Betriebskostenabrechnung.

Donnerbauer: Eine Verpflichtung gab es weder nach dem alten Recht, noch wird es sie in Zukunft geben. Was es geben soll und bereits gibt, ist die Möglichkeit, Menschen für Hausbesorgung, Hausbetreuung, Hausmanagement oder Wohnbetreuung anzustellen. Es gibt meines Wissens kein Gesetz, das dieses verbietet.

Ludwig: Es gibt zwar jetzt gewisse Möglichkeiten, aber es gibt keine Wahlmöglichkeit zwischen Reinigungsdienst und Hausbesorger, weil die gesetzliche Basis dafür fehlt. Mit Hausbesorger meine ich eine Person, die möglichst alle Leistungen aus einer Hand anbieten kann. Das inkludiert auch den Schneeräumdienst. Wenn wir gerade beim Fenster hinausschauen, sehen wir, dass oft vor jenen Häusern am besten geräumt wird, die von Hausbesorgern betreut werden. Sie sind unmittelbar vor Ort, während private Reinigungsfirmen nicht überall gleichzeitig räumen können.

Donnerbauer: Diese gesetzliche Basis besteht bereits. Es hindert die Stadt Wien oder Wiener Wohnen niemand daran, Personen anzustellen, ihnen die Verantwortung für ein Gebäude oder eine Anlage zu übertragen - und diese Aufgaben im Rahmen eines Dienstvertrages zu vereinbaren.

Ludwig: Ich bin als Wohnbaustadtrat stolz darauf, dass wir in Wien 220.000 Gemeindewohnungen haben, aber dass ist nur ein Teil des Wohnungs- und Hausbestandes. Ich habe eine Verantwortung für alle Mieter in unserer Stadt, auch für jene im Genossenschaftsbereich und im privaten Hausbereich. Auch sie sollen entscheiden können, ob sie einen Hausbesorger wollen. Ein Hausbesorgergesetz sollte es möglich machen, zusätzlich zu einer Kernzeit flexible Arbeitszeiten vorzusehen, um auf wechselhafte Verhältnisse wie Schneefall reagieren zu können.

Donnerbauer: Für diese Flexibilität, die Sie einfordern, stehen wir durchaus zur Verfügung. Aber ich sehe auch andere Bereiche, wo dies sinnvoll wäre, etwa in der Gastronomie. Wenn in einem Gasthaus mittags kein Gast da ist, dann sollte es möglich sein, dass der Mitarbeiter nicht den ganzen Tag dort verbringen und beschäftigt werden muss.

Ludwig: Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, das zum Anlass zu nehmen, die gesamte Arbeitsgesetzgebung zu novellieren.

Donnerbauer: Worüber man sicherlich auch diskutieren muss, ist die Finanzierung. Es gibt Aufgaben, die man über einen Betriebskostenkatalog den Mietern übertragen kann, aber andere Aufgaben müssen die Gemeinden selbstständig erfüllen - etwa Sozialarbeiter in Bezirken zu beschäftigen, in denen die soziale Durchmischung nicht stimmt. Das kann nicht auf die Mieter überwälzt werden.

STANDARD: Ist es daher gut, dass eine Debatte begonnen hat?

Donnerbauer: Wie wir hier sehen, ist eine sachliche Debatte möglich. Aber leider wurde sie auf einem Wahlkampfaltar geopfert. Eine sachliche und produktive Diskussion geht nur außerhalb von Wahlkampfzeiten.

Ludwig: In unserer Gesellschaft ist erfreulicherweise immer irgendeine Wahlsituation, da dürften wir die Bevölkerung nie fragen. Es ist gut, wenn man die Meinung der Menschen miteinbezieht, und es ist auch wichtig für die politischen Parteien, sich mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen.

Donnerbauer: Das stimmt, aber die Meinung der Bevölkerung und der Betroffenen ist schon x-fach erhoben worden. Wenn man sie noch einmal befragt, dann bitte nicht über ein Wunschpaket, das nicht näher konkretisiert ist. Fairerweise sollte man die Frage stellen: "Wollen Sie einen Hausbesorger neu um 400 Euro Mehrkosten im Jahr?" Dann würde das Ergebnis etwas anders ausschauen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.1.2010)