Spielen ist die Arbeit der Kinder, heißt es. Damit die auch einen Rechtsanspruch haben, gibt es jetzt einen Gesetzesentwurf.

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Wien - "Auch du liebe Zeit! Das soll einer verstehen?" , fragen die oberösterreichischen Kinderfreunde in ihrer Broschüre Kinder haben Rechte. Sie wenden sich damit an die Zielgruppe der unter 19-Jährigen. Die Antworten, die sie finden, sind aber auch für nicht mit der Materie betraute Erwachsene hilfreich.

So wird etwa erklärt, was es mit dem Recht auf Familienzusammenführung auf sich hat: Ein Kind, das auf der Flucht von seinen Eltern getrennt wird, hätte damit Anspruch darauf, "seine Eltern dorthin nachzuholen, wohin es sich gerettet hat" . Hätte, wohlgemerkt! Denn in der österreichischen Schmalspurversion eines "Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern" ist von dieser Möglichkeit keine Rede mehr.

Aber auch in der gekürzten Fassung liegt der Kinderrechte-Entwurf derzeit auf Eis. Mit der Blockade der Zwei-Drittel-Materien, die die Opposition nach dem vorzeitigen Ende des Spionage-Untersuchungsausschusses ausgegeben hat, tut sich vor März nichts. Danach wollen FPÖ, BZÖ und Grüne im Abtausch mit erweiterten parlamentarischen Minderheitenrechten mit sich reden lassen.

Für die Kinderrechte gibt es trotzdem wenig Hoffnung: DieGrünen würden auch nach dem Blockade-Aus dem vorliegenden rot-schwarzenGesetzesentwurf nicht zustimmen. "Der Paragraf 7 muss raus" , sagt Jugendsprecherin Tanja Windbüchler-Souschill. Denn der relativiere die Kinderrechte in einigen Fällen dramatisch. So hätte etwa das Fremdenrecht mehr Gewicht als das Wohl des Kindes. Eine Art Arigona-Zogaj-Präventivklausel.

Auch FP-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller kann sich eine Zustimmung zur aktuellen Fassung nicht vorstellen: "Das ist uns zu wenig weitreichend." So seien zwar viele "No-na-Punkte" drinnen, nicht aber die gemeinsame Obsorge, die für die FPÖ in Sachen Kinderrechte das zentrale Kriterium ist. Und auch das BZÖ bleibt zumindest bis März bei seinem Nein:"Die ÖVP hatte 17 Jahre lang keine besondere Eile bei der Einführung von Kinderrechten in die Verfassung" , befindet Familiensprecherin Ursula Haubner, da komme es auf die paar Wochen auch nicht mehr an. Danach gelte es zu klären "wie es mit den Ausführungsgesetzen aussieht" .

Kein Familienanhängsel

In Wien bereitet man sich trotzdem bereits auf den Tag X vor: "Wir können es uns in Fällen, die wirklich wichtig sind, natürlich vorstellen, das Höchstgericht anzurufen" , sagt die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits dem Standard. Sie hält die Verankerung in der Verfassung deshalb für wichtig, weil "Kinder in unserem gesellschaftlichen System keine eigenständige Persönlichkeiten sind. Sie gelten noch immer als Anhängsel der Familie."

Pinterits nennt folgende Beispiele, bei denen die Festschreibung schlagend werden könnte: Derzeit kann ein Richter bei eskalierenden Scheidungsverfahren für das Kind einen Kindesbeistand zuziehen, der sich für sein Wohl einsetzt. "Aber" , sagt Pinterits, "es liegt einzig und allein in seinem Ermessen." Mitte 2010 soll zwar ein Gesetzesentwurf zum "Kinderbeistand" in Kraft treten, der gilt aber nur für unter 15-Jährige. Stünden die Kinderrechte in der Verfassung, wären auch die 18-Jährigen inkludiert.

Die Kinderfreunde kritisieren zudem die von der Innenministerin "geplante Kasernierung von Asylwerbern" - eine Maßnahme, die nicht nur der UN-Kinderrechtskonvention, sondern auch dem Kinderrechtsentwurf der Regierung widerspreche. (Gerda Mackerle Peter MayrKarin Moser/DER STANDARD-Printausgabe, 28. Jänner 2010)