Wien (APA) - Wiens neue ÖVP-Chefin Christine Marek will bei der Wahl im Oktober Amtsinhaber Michael Häupl (SPÖ) vom Thron stoßen und zeigt sich auf Nachfrage kämpferisch: "Ich will gewinnen, ich will Bürgermeisterin werden." Dabei gehe es nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern um einen grundlegenden Politikwechsel. Schließlich habe die Wiener SPÖ schon fast Kärntner Mentalität, ärgerte sich Marek: "Wir haben nicht das Geldverteilen an die Menschen am Rathausplatz, aber wir sind schon nah dran."

Durch Wohlfühl-Placebos werde Steuergeld in unglaublicher Dimension verschwendet: "Die Probleme werden mit Pflastern zugelebt, die sehr teuer sind." Gegen diese "Geldvernichtungsmaschinerie SPÖ-Wien" gelte es, die Probleme klar anzusprechen und zugleich Lösungen zu präsentieren. So könne man auch Menschen für sich gewinnen, die derzeit zur FPÖ tendierten oder sich als Nichtwähler deklarierten. "Wir tun nicht alles unter die Kuscheldecke, wir benennen die Probleme", so die VP-Politikerin. Hier gingen eine klare Werteorientierung und eine moderne, offene Gesellschaftspolitik zusammen.

"Thema erledigt"

Die Trauungssäle der Wiener Standesämter blieben auch unter einer Bürgermeisterin Marek für verpartnerungswillige homosexuelle Paare offen: "Ich sehe keinen Anlass, da ein Thema aufzumachen, das erledigt ist." Anders hingegen sähe bei ihr der Umgang mit dem Ambulatorium am Fleischmarkt aus, für das im Vorjahr im Rathaus ein Empfang gegeben wurde: "Zu sagen: Ich feiere eine Cocktailparty, weil eine Abtreibungsklinik 30. Geburtstag hat, das ist so was von daneben. Das würde es sicher nicht geben."

Bedenken, sich vor der Wien-Wahl im Oktober in einem Schmutzkübelwahlkampf wiederzufinden, hat Marek nicht: "Ich fürchte ihn nicht, aber er wird kommen. Wir werden uns hier sicher nicht hineinziehen lassen, sondern wohltuend konstruktiv abheben." Deshalb habe sie keine Angst, in einem bevorstehenden "Duell" Häupl gegen FP-Chef Heinz-Christian Strache nicht gehört zu werden.

Asset und Flohhaufen

Dabei sei ihr bundespolitischer Brotberuf als Familienstaatssekretärin kein Nachteil: "Das ist sogar ein Asset." Schließlich sei ein Großteil ihrer erfolgreichen Projekte wie der verpflichtende Gratiskindergarten oder das einkommensabhängige Kindergeld sehr bedeutsam für Wien. Nach einem Wahlerfolg sei sie aber bereit, das Staatssekretariat zu verlassen: "Ich gehe davon aus, dass wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Regierungsverantwortung übernehmen können." Und dann werde sie mit größter Überzeugung nach Wien gehen.

Ein Zusammenarbeit aller drei jetzigen Oppositionsparteien ÖVP, FPÖ und Grünen sei dank des "Flohhaufens an Ideologien" zwar auszuschließen. Eine Zweierkoalition mit einer der beiden Parteien sei aber gegebenenfalls durchaus vorstellbar: "Ich schließe im Vorhinein niemanden grundsätzlich aus. Für uns ist jeder ein Partner, mit dem es eine stabile Mehrheit gibt und mit dem wir gemeinsam Lösungen in einem Regierungsprogramm verankern und die Stadt voranbringen können. Die Frage ist aber auch, wer überhaupt willens und in der Lage dazu ist."

"Große Aufbruchstimmung"

Vor einer etwaigen Regierungsübernahme muss Marek jedoch erst am 13. März auf einem Landesparteitag zur offiziellen Nachfolgerin von EU-Kommissar Johannes Hahn als VP-Landeschefin gewählt werden. Dabei will Marek der Landesgruppe ihren Stempel aufdrücken, wie sie betont - ohne darüber näheres zu verraten.

Denn auch wenn sie im November zunächst mit der Übernahme ihrer neuen Rolle gezögert hatte, gehe sie darin mittlerweile auf: "Ich habe es keinen einzigen Tag seither bereut, sondern ein absolut steigendes Gefühl, dass es die richtige Entscheidung war." Sie fühle sich von einer breiten Parteibasis getragen und spüre eine große Aufbruchsstimmung: "Wir haben jetzt die Situation und positive Stimmung, dass die ÖVP-Wien wirklich daran glaubt, dass sie gewinnen kann. Das kannst du auch nicht aufdiktieren - das ist ein Gefühl, das sich breit machen muss."

In Prozenten will sie ihr Wahlziel für den Wien-Urnengang am 10. Oktober nicht ausdrücken. "Klar zulegen und so stark werden, dass die Zukunft Wiens nicht länger ohne uns gestaltet werden kann", laute die Devise. Derzeit verfügt die ÖVP über 18,77 Prozent bzw. 18 Mandate im Gemeinderat. Sie ist damit zweitstärkste Fraktion hinter der mit absoluter Mehrheit regierenden SPÖ. (APA)