Wien - Das Wiener Konzerthaus wurde am Samstagabend zur politischen Bühne. Auf dem Programm stand ein ungewöhnliches Konzert, das der bekannte türkisch-kurdische Exil-Sänger Sivan Perwer zusammen mit kurdischen und jungen österreichischen Musikern gab. In der Ehrenloge saß Bundespräsident Heinz Fischer mit dem Präsidenten der Kurdischen Autonomieregion im Irak, Massoud Barzani, und dem Parteichef der verbotenen türkisch-kurdischen DTP, Ahmet Türk. Nicht nur Musikstücke, sondern auch Reden mit durchaus brisantem Inhalt wurden geboten.

Willi Resetarits alias Ostbahn-Kurti bat eingangs den Bundespräsidenten auf die Bühne, um ihn nach dem Grund seines Konzertbesuchs zu fragen. "Ich wollte dem Kurdi (Ostbahn-Kurti) keinen Korb geben", meinte Fischer launig, "umso mehr, als Präsident Barzani hier ist"; ihn kenne er seit 30 Jahren. Der langjährige SPÖ-Politiker Fischer und der Chef der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) kennen sich u.a. aus der Sozialistischen Internationale. Außerdem sei es die Aufgabe von Politikern, Brücken zu bauen, so Fischer. Er nehme seit Jahrzehnten Anteil am politischen Schicksal der Kurden und "hoffe auf vernünftige und faire Lösungen".

"Klassisch kurdisch"

Das Motto des Abends "klassisch kurdisch" wurde von den gemischten Künstlern, mit dem jungen Dirigenten Azis Sadikovic am Pult, bravourös umgesetzt. Beethovens Coriolan- und Egmont-Ouvertüre lieferten den Kontrapunkt zu Perwers kurdischen Liedern. Auf österreichischer Seite fanden sich das Ensemble Wien Klang, der Chor der WU Wien und der Kammerton Chor, auf kurdischer Seite neun Musiker und ebenso viele Sänger - und quasi als Bindeglied der aus dem Nordirak stammende und in Österreich lebende Komponist und Violinist Dalshad Said, der fabelhaft aufgeigte.

Nach der Pause kam Perwer, der seit 34 Jahren im Exil lebt, nicht nur musikalisch, sondern auch politisch richtig in Fahrt. "Sie sind der Präsident von uns allen, also der Präsident von Kurdistan", schwärmte der kurdische Sänger, und dem Publikum wurde nicht ganz klar, ob er nun Barzani oder Fischer meinte. Der Beifall war ihm jedenfalls gewiss. Noch mehr Applaus gab es, als Perwer Ahmet Türk auf den Schild hob. Dessen kurdische Partei für eine Demokratische Gesellschaft (DTP) wurde im Dezember vom türkischen Verfassungsgericht wegen ihrer Nähe zur Rebellenorganisation PKK verboten, als deren politischer Arm sie in den Augen der türkschen Behörden gilt.

Perwer riss die Zuhörer, unter ihnen viele Mitglieder der kurdischen Gemeinschaft in Österreich, durch seine Lieder, die er vorwiegend in kurdischer Sprache vortrug und teils auf Englisch oder Deutsch erläuterte, zu Beifallstürmen hin. Von Liebesweisen bis zu politischen Songs spannte sich der Bogen. Auch Kompositionen von Said, der für die Arrangements verantwortlich zeichnete, kamen zu Aufführung. "25 Nationen stehen auf der Bühne. Darauf könnte man den Weltfrieden aufbauen", zog der Organisator des außergewöhnlichen Abends, Ali Gedik, ein zufriedenes Resümee. (APA)