Wien - Der Windischgarstner Pfarrer Gerhard Maria Wagner verweist in Zusammenhang mit dem verheerenden Erdbeben in Haiti auf die dort gebräuchlichen religiösen Praktiken. Im "Kurier" gefragt, ob die Katastrophe das Werk eines strafenden Gottes sei, antwortet er: "Das weiß ich nicht. (...) Aber es ist schon interessant, dass in Haiti 90 Prozent Anhänger von Voodoo-Kulten sind." Wagner, dessen später rückgängig gemachte Ernennung zum Linzer Weihbischof sich am Sonntag erstmals jährte, tritt überdies für eine Volksbefragung über ein Minarett-Verbot ein.

Die Frage nach Haiti lag insofern auf der Hand, als Wagner 2005 mit Aussagen zum Hurrikan Katrina in New Orleans für Aufregung gesorgt hatte. "Es ist wohl kein Zufall, dass in New Orleans alle fünf Abtreibungskliniken sowie Nachtklubs zerstört wurden", meinte er damals - eine jener Positionen, die 2009, als er Weihbischof wurde, die Kritiker auf die Barrikaden steigen ließen.

Wagner will Volksabstimmung bei Minarette

In Sachen Minarette wünscht sich Wagner eine Volksabstimmung wie in der Schweiz, wo sich eine Mehrheit für ein Verbot aussprach. "Ich halte sehr viel davon, da das Volk zu befragen", hält er fest. Die katholische Kirche hat sich gegen ein Verbot ausgesprochen. Wagner meint, man müsse "die Sorgen der Leute ernst nehmen - und nicht immer alles gleich kriminalisieren. Der Islam ist auch eine Gefahr, und da muss man wachsam sein." Im Fall Arigona Zogaj äußert sich Wagner allgemein, man müsse "gegebenenfalls auch den Mut haben, jemanden zurückzuschicken".

Diözese Linz will Wagners Aussagen "zurechtrücken"

Die Diözese Linz hat am Sonntag die Aussagen des Windischgarstener Pfarrers Gerhard Maria Wagner zur Erdbebenkatastrophe in Haiti "zurechtgerückt", wie es in der Kathpress hieß. Die heutige katholische Theologie halte es für "völlig unangebracht und für unverantwortlich", Naturkatastrophen als "Strafe Gottes" für unmoralisches Verhalten der Opfer zu interpretieren, verwies der Linzer Generalvikar Severin Lederhilger auf eine Stellungnahme, die er bereits 2005 veröffentlicht hatte.

Naturkatastrophen heute "mit einem Strafhandeln des Schöpfergottes" in Verbindung zu bringen, wäre "Ausdruck einer geradezu zynischen, fundamentalistischen Bibelinterpretation", bekräftigte Lederhilger. Durchaus "legitim und nützlich" sei es indes, die Frage zu stellen, ob Menschen selbst durch ihr Verhalten und Handeln Mitverursacher solcher Katastrophen sind: "Wenn die Natur in ihrer Gesetzmäßigkeit nicht entsprechend respektiert wird, kann das negative Folgen für Menschen haben."

Haiti: 80 Prozent Katholiken

In Haiti sind nach Kathpress-Angaben 80 Prozent der Bewohner Katholiken, dazu kommen rund zehn Prozent weitere christliche Konfessionen. Der "Voodoo"-Kult habe offiziell nur wenige Anhänger, einzelne religiöse Praktiken, die aus dieser Tradition kommen, fänden sich in breiteren Schichten der Bevölkerung, die darin keinen Widerspruch zum christlichen Glauben sähen. Es gebe aber Experten, die die von manchen genannten hohen Prozentzahlen an "Voodoo"-Anhängern mangels gesicherter Quellen bezweifelten. (APA)