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Ein Betriebshelfer ersetzt eine Unternehmerin oder einen Unternehmer für eine gewisse Zeit und erhält den Betrieb am Laufen

Ein Ausfall im Geschäft kann jederzeit und plötzlich passieren und kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass ein Einpersonenunternehmen zusperren muss - aus Personalmangel eben. In Wien bestehen mehr als die Hälfe der Unternehmen aus einer einzigen Person und für sie bedeutet das normalerweise immer und ausnahmslos funktionieren müssen.

Seit 2006 gibt es für solche Notfälle die Möglichkeit der Betriebshilfe in Wien. Einpersonen- und Kleinstunternehmen mit aufrechter Gewerbeberechtigung und Vollversicherung bei der SVA können das Service in Anspruch nehmen. Bei unfall- oder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Schwangerschaft und Geburt kann der Einsatz fachlich passender Betriebshelfer in Anspruch genommen werden. Sie sorgen dafür, dass der Betrieb aufrecht erhalten werden kann oder ersetzen die Betroffenen kurzfristig.

Betriebshilfe in der Buchhandlung

Für die Wiener Buchhändlerin Martina Bartalsky bedeutete ein Autounfall bei grüner Fußgängerampel Ende Oktober eine Platte im Knie und einen Ausfall in ihrer Buchhandlung für drei Monate. "Während ich im Spital war, hat zwar ein ehemaliger pensionierter Kollege das Geschäft aufgesperrt, aber auf Dauer wäre das keine Lösung gewesen", erzählt Bartalsky von ihrer Situation damals.

Von einer Freundin, die alleine ein Friseurgeschäft betreibt, bekam sie dann den Tipp es mit einer Betriebshilfe zu versuchen. "Das hat sich als umkompliziert entpuppt". Ein Bekannter wurde daraufhin drei Monate lang von der Betriebshilfe Wien als Betriebshelfer in ihrer Buchhandlung bezahlt. Was sie sonst gemacht hätte, weiß sie nicht, denn "zusperren kann man ja nicht, schon gar nicht wenn das Weihnachtsgeschäft vor der Tür steht".

"Babyeinsätze" und krankheitsbedingte Notfälle

Betriebshelfer können entweder aus dem Bekanntenkreis vorgeschlagen werden oder sie kommen aus einem "Pool", den die Betriebshilfe Wien aufgebaut hat. Auch das AMS oder Personalbereitsteller sind Anlaufstellen. Monatlich werden in Wien laut Statistik durchschnittlich 25 bis 30 Unternehmen betreut. Die Gründe, warum um Betriebshilfe angesucht wird, sind zu 25 Prozent "Babyeinsätze" in der Zeit der gesetzlichen Mutterschutzfrist.

Herzinfarkte, Schlaganfälle und verschiedene Operationen sind die weniger erfreulichen krankheitsbedingten Ursachen für die Inanspruchnahme des Service. Vor allem die Gastronomie, Gewerbe und Handwerk und der Handel sind unter den nachfragenden Branchen stark vertreten. Initiiert wurde das Projekt ursprünglich von der Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Mittlerweile kann der Service in allen österreichischen Bundesländern in Anspruch genommen werden.

Steigender Erklärungsbedarf

Manuela Taschlmar, Wirtschaftscoach und PR-Beraterin erwartet im Februar ihr Kind. Auch sie hat sich an die Betriebshilfe Wien gewandt. "Ich hätte meine Arbeit komplett niederlegen müssen und das wäre fatal als Unternehmerin", erzählt sie. Je länger man als Einpersonenunternehmen ausfalle, desto mehr steige der Erklärungsbedarf gegenüber Kunden. Taschlmar ist froh über ihre Betriebshilfe, die sie selber rekrutiert hat, gekannt hat sie sie vorher nicht. Derzeit wird die WU-Absolventin noch eingearbeitet. "Ich bin aber schon auf Skepsis gestoßen - wenn man als Einpersonenunternehmen jemand anderen in Vertretung schickt, ist das manchmal schwierig zu erklären", so Taschlmar. Die Betriebshilfe sei noch immer zu wenig bekannt, obwohl diese Möglichkeit vielen Kleinstunternehmen entscheidend helfen könne.

"Ohne Betriebshilfe hätte ich mein Gewerbe ruhend melden müssen", so Taschlmar, die seit elf Jahren selbständig ist. Auch für Buchhändlerin Bartalsk, die ihre neunjährige Selbständigkeit seit Ende Jänner wieder selbst fortsetzen kann, ist das Resümee positiv: "Wir haben das super geschafft, von Umsatzeinbrüchen keine Spur." (derStandard.at, 3.2.2010)