Doron Rabinovici hatte die EU-Sanktionen gegen Österreich erwartet.

Foto: Heribert Corn, Der Standard

Wien - Widerstand! Widerstand! - Doron Rabinovici kann sich noch genau erinnern, wann er diese Rufe zum ersten Mal gehört hat: Es war vor dem Parlament, bei einer Demo, zwei Tage vor der Angelobung bei der schwarz-blauen Regierung im Februar 2000. "Ich wollte erst fragen: Ist das das Richtige? Dann bin ich draufgekommen: Ja, für die Jungen schon", erinnert er sich.

Der Schriftsteller und Historiker ist einer der Mitbegründer der "Demokratischen Offensive", jener losen Gruppierung, die massiv gegen Schwarz-Blau kampagnisierte und am Höhepunkt bis zu 300.000 Menschen auf den Wiener Heldenplatz brachte. Das war am 19. Februar 2000.

Wahlergebnis 1999 für Rabinovici "ein Schock"

Gegründet wurde die Initiative als Reaktion auf den Ausgang der Wahl 1999 - mit fast einem Drittel FPÖ-Wähler. "Das war ein Schock", sagt Rabinovici. "Viele Aktivisten waren niedergeschlagen, aber wir sagten: Vor der Wahl ging es nur um Parteipolitik, jetzt werden die Möglichkeiten der Zivilgesellschaft wieder stärker. Das ist die Stunde des Protests. Und so wurde die 'Demokratische Offensive' gegründet." Das erste Ziel der Gruppe war, "das Bewusstsein dafür zu wecken, dass über Rassismus zu reden ist." Rabinovici: "Wir wollten den Wettbewerb in Rassismus angreifen, zu dem die Freiheitlichen aufriefen und in den sich die großen Fraktionen einfügten."

Dass es zu den Sanktionen gekommen ist, habe ihn nicht überrascht, sagt der Schriftsteller: "Ich habe das erwartet. Man musste schon sehr heiß auf Schwarz-Blau gewesen sein, um nicht zu begreifen, was kommen würde wie das Amen im Gebet."

EU-Sanktionen waren "keine Heuchelei"

Dem oft geäußerten Verdacht, die anderen 14 EU-Staaten hätten Österreich nur verwendet, um von eigenen Problemen abzulenken, teilt er nicht: "Die Leute, die in Frankreich, Deutschland, Italien für die Maßnahmen waren, waren auch innen gegen die Rechtsextremen. Das war keine Heuchelei, sondern ein unbedingter Schutzreflex Europas." Dass es kein Ausstiegsszenario gegeben habe, sei ein Fehler gewesen, wie auch das Versäumnis, "es den Menschen hier zu erklären".

Wie die Sanktionen ist auch die "Demokratische Offensive" längst Geschichte. "Unser Moment war die damalige Wende. Bewegungen sind zeitlich begrenzt." Rabinovici glaubt auch, dass es heute "wesentlich schwieriger wäre, eine Massenkundgebung gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu organisieren. Denn "mittlerweile sind Rechtsextreme in einigen Staaten der Europäischen Union salonfähig". (Peter Mayr/DER STANDARD-Printausgabe, 3.2.2010)