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Das Tauziehen um die von der Industrie begehrte massive Anhebung der Forschungsprämie von acht auf zwölf Prozent wird intensiver. Die Fronten gehen quer durch alle Lager, selbst die Standpunkte der Ökonomen sind kontrovers. Eine differenzierte Betrachtung tut not, denn zwischen acht und zwölf Prozent Prämie liegen nicht nur vier Prozentpunkte, sondern auch die Möglichkeit, den Prämiensatz gestaffelt anzuheben statt linear und querbeet für alle Betriebe gleich.

Klar ist nämlich, dass eine generelle Erhöhung dieses Steuergutschriftensystems budgettechnischer Sprengstoff wäre: Die Ausgaben für indirekte Förderung würden massiv steigen und so- mit den Verteilungsspielraum bei Direktförderungen, Universitäten und Grundlagenforschung massiv einschränken. Klar ist auch, dass eine exorbitante Erhöhung der Forschungsausgaben mit dem kommenden Sparkurs nicht unter einen Hut zu bringen ist. Daher steht das Finanzministerium bei der von Bundeskanzler Werner Faymann quasi verordneten und von Industrieriesen wie Siemens und Infineon geforderten Prämienerhöhung auf der Bremse.

Favorisiert wird hingegen eine nach Unternehmensgröße gestaffelte Erhöhung der Forschungsprämie. Für diese Variante spricht einiges. Denn laut einer vom Innovationsökonomen Andreas Schibany von Joanneum Research erstellten Modellrechnung würde eine Prämienerhöhung auf zwölf Prozent für Kleinbetriebe (bis 50 Beschäftigte), auf zehn Prozent für mittlere Betriebe (bis 250 Mitarbeiter) bei gleichbleibenden acht Prozent für die Big Player pro Jahr 399 Millionen Euro kosten.

Zum Vergleich: Derzeit vermindert die Forschungsprämie die Steuereinnahmen pro Jahr um 366 Millionen Euro (siehe Grafik). Eine lineare Anhebung für alle auf zwölf Prozent Einheitssatz hingegen würde mit schlanken 549 Millionen Euro zu Buche schlagen. Hingegen würde eine Erhöhung für KMUs auf zwölf Prozent bei gleichbleibenden acht Prozent Prämie die großen Forschungskaiser rund 415 Millionen kosten.

Die ungleich dramatischeren Auswirkungen beim Drehen am Rad der Großunternehmen rühren aus einer Besonderheit, die nicht nur dem kleinen Forschungsland Österreich zu schaffen macht: eine ausgeprägte Konzentration. Die Großen räumen überproportional ab bei staatlichen Fördermitteln: Nur 38 von insgesamt 2521 forschenden Unternehmen in Österreich geben mehr Geld für Forschung aus als den Durchschnittswert. Die drei wichtigsten Unternehmen stellen 20 Prozent und 33 Betriebe rund 50 Prozent der gesamten F&E-Ausgaben in Österreich.

Starke Konzentration

Schließlich geben 751 Betriebe pro Jahr weniger als 100.000 Euro (je Betrieb) für F&E aus. Das bedeutet: Fast 30 Prozent der forschenden Unternehmen sind für nur 0,7 Prozent der gesamten F&E-Ausgaben verantwortlich.

Diese Konzentration bewirkt nicht nur eine große Abhängigkeit des Forschungsstandorts von wenigen, meist ausländischen Großkonzernen, sondern schränkt den Spielraum beim Verteilen von Steuerzuckerln wie der Forschungsprämie dramatisch ein.

Da Österreich bei der staatlichen Finanzierung der Unternehmens-F&E im OECD-Schnitt ohnehin einen Platz im Spitzenfeld belegt - die Schweiz verzichtet ganz darauf, Japan gewährt kaum Beihilfen -, plädiert Joanneum-Forscher Schibany für eine differenzierte Ausgestaltung des von der Wirtschaft gut angenommenen und auch leicht administrierbaren Prämiensystems. Wie groß der Prämienspielraum bei Kleinbetrieben bei vergleichsweise kleiner budgetärer Wirkung ist, zeigt folgende Modellrechnung: Ein Prämienpaket bestehend aus acht Prozent für Großkonzerne, zehn Prozent für Mittlere und 25 Prozent für die Kleinen würde nur mit 452 Mio. Euro zu Buche schlagen, während eine alleinige Anhebung für Großbetriebe auf zwölf Prozent 135 Mio. Euro an Mehrkosten gegenüber dem Ist-Zustand bedeuten würde.

Geburtenforschung

Skeptisch beurteilt Schibany die Forderung der Industrie nach einer zwölfprozentigen Prämie auch hinsichtlich der Wirkungsweise: "Das kommt mir so vor, als wollte man durch die Senkung der Mehrwertsteuer die Geburtenrate erhöhen." Der Hintergrund: Die staatlichen Finanzierungsvolumina der unternehmerischen F&E sind seit 2007 um 185 Prozent gestiegen, jene der universitären Forschung nur um 25 Prozent. Dieses Ungleichgewicht sollte, sagt Schibany, nicht weiter verschärft werden.

Spielraum sieht er hingegen bei der - ebenfalls von der Industriellenvereinigung geforderten - Absetzbarkeit von Auftragsforschung. Die Deckelung bei 100.000 Euro sollte entfallen. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 03.02.2010)