Prag - Entspanntere Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland verspricht der Besuch des neuen tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus am Donnerstag in Berlin. Seit seiner Amtsübernahme am 7. März hat der konservative Politiker durch gemäßigte und staatsmännische Äußerungen überrascht. "Man spürt, dass er seine Rolle als Parteichef mit scharfen nationalistischen Tönen abgelegt hat, um ein Staatsmann zu werden", analysiert ein europäischer Diplomat in Prag. Klaus wird nach Angaben eines Präsidialamtssprechers mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Bundespräsident Johannes Rau zusammentreffen.

Reihe von Besuchen in die wichtigsten Nachbarstaaten

Die Visite des tschechischen Staatschefs ist Teil einer Reihe von Besuchen in den "vier dominierenden Nachbarstaaten", wie Klaus die Slowakei, Polen, Österreich und Deutschland nennt. Der Slowakei galt seine erste Auslandsreise, in der vergangenen Woche fuhr Klaus nach Polen. Nach seinem Deutschlandbesuch wird er am 23. April nach Österreich reisen. Deutschland ist Tschechiens wichtigster Handelspartner. Auch mit Altbundeskanzler Helmut Kohl wird der 61-jährige neue Hausherr des Hradschin zusammentreffen: Mit ihm hatte er in seiner Funktion als tschechischer Regierungschef in harten Verhandlungen die gemeinsame Erklärung von 1997 erarbeitet, in der erstmals beide Seiten die Übergriffe beider Staaten zwischen 1938 und 1946 sowohl auf Tschechen als auch auf Deutsche bekennen.

Verhältnis zwischen Deutschland, Österreich und Tschechien historisch belastet

Trotz dieser Erklärung, in der beide Länder vereinbarten, "ihre Beziehungen auf die Zukunft auszurichten", bleibt das Verhältnis zwischen Tschechien einerseits sowie Deutschland und Österreich andererseits durch das historische Erbe belastet. Dabei geht es um die Gräuel, die von der deutschen Nazi-Besatzung an der tschechischen Bevölkerung verübt wurden, und die darauffolgende Vertreibung von 2,5 Millionen Sudetendeutschen aus Tschechien. Die sogenannten Benes-Dekrete, die vom damaligen tschechischen Präsidenten Edvard Benes unterzeichnet wurden, legalisierten die Vertreibung, Enteignung und Ermordung der deutschen Bevölkerung und bleiben ein Stolperstein in den Beziehungen Tschechiens zu seinen Nachbarländern.

Benes-Dekrete kein Beitrittshindernis

So kam es im vergangenen Jahr zu einer scharfen Polemik zwischen dem damaligen tschechischen Regierungschef Milos Zeman und Politikern in Deutschland und Österreich. Zeman wies damals den Sudetendeutschen eine kollektive Schuld an ihrem Schicksal zu. Vertriebenenverbände üben ihrerseits Druck auf die EU aus, um eine Abschaffung der Benes-Dekrete vor einem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union zu erwirken. Doch aufgrund juristischer Gutachten stimmen sowohl die Europäische Kommission als auch das EU-Parlament darin überein, dass die Benes-Dekrete von 1945 kein Beitrittshindernis für Tschechien sind.

Gemäßigte Äußerungen von Vaclav Klaus weckt Optimismus

Die deutsche Regierung hat sich aus den Scharmützeln im vergangenen Jahr zwar herausgehalten, macht aber keinen Hehl daraus, dass eine Versöhnungsgeste seitens der Tschechen sehr willkommen wäre. "Wir stellen an die Tschechische Republik keinerlei Forderung, die nicht schon aus der Erklärung (von 1997) hervorginge. Gleichwohl würden wir eine Geste begrüßen, die sich von dem, was sich letztes Jahr abspielte, ein für allemal verabschiedet", sagt der deutsche Botschafter in Prag, Michael Libal. Dass Vaclav Klaus sich kurz nach seinem Amtsantritt ausführlich und gemäßigt zu den deutsch-tschechischen Beziehungen äußerte, habe ihn "mit Optimismus erfüllt", sagte der Diplomat.(APA/AFP)