Bild nicht mehr verfügbar.

Alexander McQueen (1969 - 2010)

Foto: AP/Jacques Brinon

Liest man die ersten, gestern Abend veröffentlichten Nachrufe zum Tod von Alexander McQueen, dann stellt sich ein eigenartiges Gefühl ein. Der Modedesigner, steht da geschrieben, der die Bühnenoutfits von Lady Gaga kreiert hat, ist tot. Als wäre die Ausstattung der Poplady von besonderer Bedeutung in der Karriere von McQueen. Es sind die großartigen Laufsteginszenierungen des Londoner Designers, die ihm einen Platz im Modeolymp sichern. Von Highland Rape im Jahre 1995 bis Plato's Atlantis im September 2009 hat er die visionärsten und in ihrer Vielschichtigkeit schillerndsten Modeschauen der vergangenen 15 Jahre geschaffen. Alexander McQueen war ein Modekünstler. Und der Laufsteg seine Bühne.

Im Andenken an den großen Modemacher hier die Höhepunkte seiner Karriere:

"Highland Rape"

Mit "Highland Rape" im März 1995 katapultierte sich McQueen selbst in das Innere der Modewelt. Oft als die erste Kollektion seiner Laufbahn bezeichnet, war sie in Wahrheit bereits seine fünfte. Sie zeigte der Absolvent von Central Saint Martins und ausgebildete Herrenschneider aber erstmals unter dem Dach des British Fashion Council. Und erntete einen Sturm der Empörung. Frauenfeindlichkeit lautete der Hauptvorwurf angesichts der blutbeschmierten, in zerfetzte Spitzenkleider gekleideten Models. Dabei ging es McQueen nicht um die Darstellung vergewaltigter Frauen sondern um die geschichtliche "Vergewaltigung von Schottland durch England" – in durch und durch zeitgenössischem Gewand.

"Dante"

"Dante" war seine Kollektion ein Jahr später betitelt, die Models trugen teilweise Masken mit Kruzifixen, dazu Husarenjacken oder Hirschgeweihe auf den Köpfen. In der ersten Reihe der Show saß ein Skelett auf dem Sessel. McQueens Thema war der verführerische Reiz des Moribunden, ein Thema, das ihn auch in den Folgejahren immer wieder beschäftigen sollte. Passenderweise hatte er für seine Modeschau eine ganze Reihe an blaublütigen Models engagiert.

Frühjahr/Sommer 1999

Das Bild vom Model Shalom Harlow, das auf einer sich drehenden Platte von zwei riesigen Roboterarmen mit gelber und schwarzer Farbe bespritzt wird, ist in die Modegeschichte eingegangen. Es war das Abschlussbild von McQueens Frühjahr/Sommerkollektion 1999. In ihr spürte der Designer dem Gegensatz von organisch/anorganisch nach. Zur Eröffnung: ein Model mit Beinprothesen und Brustpanzer.

Frühjahr/Sommer 2001

Die vielleicht verstörendste Schau von McQueen war jene vom Frühjahr/Sommer 2001. Das Schöne und das Hässliche, das Groteske und der Fetisch gingen in ihr eine faszinierende Verbindung ein. Die Models traten in einem im Inneren verspiegelten gläsernen Käfig auf, ihre Köpfe bandagiert, am Körper Kreationen aus ungewöhnlichen Materialien wie Austern- oder Muschelschalen. Björk trug das rote Mikroskop-Blättchen-Kleid später auf der Bühne. Das Ende der Schau bildete eine Nachbildung des Fotos "Sanitarium" von Joel Peter Wilkins: eine künstlich beatmete voluminöse Frau mit Schweinekopf.

Im März 2006 blickte McQueen noch einmal auf seine Schottland-Schau elf Jahre zuvor zurück, diesmal aber in einer weitaus gelösteren Stimmungslage: Mit wunderbaren Brockatkleidern, herrlich geschnittenen Tweed-Kostümen und riesigen Falken-Kreationen auf den Köpfen der Models setzte er den nördlichen Nachbarn, ihren Burgen und Schlössern, ein modisches Denkmal. Zum Ereignis wurde am Ende das tanzende Kate-Moss-Hologramm (Bildmitte), das sich nach ein paar Sekunden wieder im Äther dematerialisierte.

Mit einer futuristischen Unterwasserwelt begeisterte Alexander McQueen zuletzt im September 2009. Plato's Atlantis hieß die Kollektion, die durch ihre Wahnsinnsschuhe (siehe Kolumne vom Montag) und irren Prints auffiel. In die Annalen geht die Schau aber ein weil sie live ins Internet übertragen werden sollte. In der jetzigen Saison macht das jeder zweite Designer, in der vergangenen stand McQueen damit noch (fast) alleine da. Vereitelt wurde das ganze von, tja, Lady Gaga: Sie twitterte Stunden vorher, dass sie im Rahmen der Schau ihre neue Single vorstellen werde. Daraufhin brach das Netz zusammen. (hil/derStandard.at, 12.02.2010)