Fasst die Kärntner SPÖ nicht bald Tritt, droht der einst stolzen Landespartei der Untergang.

Foto: Newald, Montage: Friesenbichler

Klagenfurt - Jahrzehntelang hatten die Genossen in der Kärntner SPÖ gehofft, Jörg Haider irgendwie zu überstehen: Hätte sich der zwischen Blau und Orange oszillierende Superstar erst einmal politisch totgelaufen, dann würde die Kärntner Sozialdemokratie schon wieder zu ihrer einstigen Macht und Größe zurückfinden, die sie nach dem Abgang ihres letzten mit absoluter Mehrheit (von 1974 bis 1988) regierenden Landeshauptmannes Leopold Wagner Zug um Zug eingebüßt hatte.

Jörg Haider fiel am 11. Oktober 2008 - nur wenige Wochen nach dem Tod des roten Übervaters Wagner - einem selbstverschuldeten Autounfall zum Opfer. Die Kärntner SPÖ fuhr bei der folgenden Landtagswahl im März 2009 mit nur 28,7 Prozent die größte Niederlage ihrer Geschichte ein. Jörg Haiders Erben dagegen kletterten mit dem Trauervotum, das ihnen die von Haiders Tod geschockte Bevölkerung bescherte, auf ihren bisherigen Höchststand von 44,8 Prozent und erreichten damit die absolute Regierungsmehrheit.

Ein Jahr danach ist Haiders desaströse Erbschaft mit Hypo-Desaster, Misswirtschaft und Beinahe-Landesbankrott für jeden ersichtlich. Das Haider-Lager ist in drei Parteien zersplittert, die ÖVP durch ihre Mitbeteiligung am umstrittenen Hypo-Verkauf und ihr Festhalten an der Koalition mit den wiedererblauten Freiheitlichen um Uwe Scheuch und Heinz-Christian Strache schwer kompromittiert.

Eine historische Chance also für die Kärntner SPÖ, ihren freien Fall zu stoppen. Doch die dürfte wohl folgenlos verstreichen: Man ist wieder wochenlang mit sich selbst und der Suche nach einem neuen Parteichef beschäftigt. Der derzeitige, Wahlverlierer Reinhart Rohr, wurde ja zu Jahresbeginn vom Villacher Bürgermeister Helmut Manzenreiter vor laufenden Kameras abmontiert. Doch Manzenreiters Favorit, der Wolfsberger Gerhard Seifried, ließ seinen Mentor ins Messer laufen - nachdem er sich wochenlang geziert und schlussendlich doch abgesagt hatte. Wie andere gebetene und ungebetene Kandidaten auch.

Meucheln mit Tradition

Um der peinlichen Obmann-Suche ein Ende zu bereiten, wird wohl der "Königsmacher" Manzenreiter selbst kniefällig gebeten werden, obwohl auch er schon einmal 1999 parteiintern an dieser Aufgabe gescheitert war.

Das Meuchelmorden hat in der Kärntner SPÖ Tradition. Seit Leopold Wagner nach dem Schussattentat auf ihn die Macht 1988 an seinen Sekretär Peter Ambrozy weitergab (der die SPÖ-Absolute schon ein Jahr später verlor), wetzten im Hintergrund veschmähte Kronprätendenten gegen die jeweiligen Parteivorsitzenden, Ambrozy, Manzenreiter, Michael Ausserwinkler, Gaby Schaunig, die Klingen. Und das eigentlich bis heute. Jörg Haider eilte unterdessen von Wahlerfolg zu Wahlerfolg, die SPÖ von Katastrophe zu Katastrophe.

Wagner, der letzte autokratische rote Landesfürst, hatte insgeheim den blauen "Buam" bewundert und ihn in einer Art Hassliebe auch als seinen eigentlichen politischen Ziehsohn gesehen. Haider hatte alles, was seine Kronprinzen nie haben durften, um ihn nur ja nicht zu überstrahlen: Machtwillen, Charisma und Skrupellosigkeit. Das Pech war, dass Haider der FPÖ angehörte, die Wagner zeitlebens heftig bekämpfte.

"National und sozialistisch"

Doch der blaue "Jungspund" verkörperte für das damalige Machttriumvirat Wagner, Erwin Frühbauer und Rudolf Gallob das Erfolgsrezept der 70er-Jahre, in neuer attraktiver Verpackung. "Der Kärntner ist national und sozialistisch", lautete das politische Credo. Wagner selbst hatte sich gebrüstet, ein "höhergradiger Hitlerjunge" gewesen zu sein.

Bis heute blieb in der Kärntner SPÖ ein tiefer Graben zwischen "rechten" Pragmatikern, und "linken" Moralisten. Die kritische SP-Intelligenz wurde zugunsten einer erneuerungsresistenten Funktionärselite ausgeschaltet. Mit Ambrozy, der 2004 als Parteichef wiederkehrte und die "Chianti-Koalition" mit Haider schmiedete, drohte die Partei zu zerreißen. Gaby Schaunig, die die rot-blaue "Mesalliance" beendete, scheiterte mit ihrem Anti-Haider-Kurs ebenfalls. Jetzt bleibt in der personell ausgedünnten SPÖ nur mehr Manzenreiter. Es scheint, als hätte der Tod Haiders auch die Kärntner SPÖ mitten ins Herz getroffen. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2010)