Michael Straberger, Präsident des Werberats.

Foto: ÖWR/Nadine Bargad

"Daham statt Islam": Geht es nach dem Österreichischen Werberat, könnten Sujets wie diese bald in die Zuständigkeit des Vereins fallen. Es werde gerade geprüft, ob - ohne die Statuten zu ändern - der Verein künftig auch für politische Werbung Anlaufstelle von Beschwerden sein und Urteile sprechen kann. Gespräche seien am Laufen, wichtig sei, "dass auch eine Mehrheit der politischen Parteien das mitträgt", erklärt Michael Straberger, Präsident des Werberats, am Montag. Er will diese Frage noch vor der Wiener Gemeinderatswahl - sie findet am 10. Oktober statt - klären.

Sexismus als Hauptgrund für Beschwerden

Derzeit ist der Werberat nur für kommerzielle Werbung zuständig. 2009 setzte sich der Verein mit insgesamt 213 Beschwerden auseinander, 37 davon betrafen sexistische Werbung, in 29 Fällen wurden Sujets als  frauendiskriminierend empfunden. Auf Platz drei liegt "aufdringliche Werbung" mit 22 Beschwerden, gefolgt von den Bereichen "Ethik und Moral" (18 Beschwerden) und "Rassismus" (14 Beschwerden).

In vier Fällen sprach sich der Werberat für einen Stopp der Kampagne aus, betroffen waren hier ein Sujet zum Tanzevent "Bauer sucht Sau" eines oberösterreichischen Lokals, Werbung für die Sexhotline mit dem Claim "Lass es knistern", ein Plakat für eine Diskoeröffnung "Wir schlagen wieder zu" und Internetauftritt und Prospekte der Firma Primarosa. Bei 16 Kampagnen wurden die Verantwortlichen aufgefordert, künftig "sensibler" vorzugehen, das betraf u.a. eine Werbung für den Autovermieter Sixt oder die "Dress for the Moment-Kampagne" von New Yorker).

Erfreulich seien Reaktionen der werbetreibenden Wirtschaft gewesen, so ÖWR-Vizepräsidentin Roswitha Hasslinger. So wurden bei Unternehmen etwa bereits bei Einladung zur Stellungnahme zu einer Beschwerde oft Werbemaßnahmen zurückgezogen oder geändert.

Selbstbeschränkungskodex überarbeitet

Sexismus in der Werbung war freilich auch Thema bei der Überarbeitung des Selbsbeschränkungskodex des Werberats im vergangenen Jahr. Straberger: "Die große Reform des letzten Jahres spiegelt neue gesellschaftliche Trends sowie nationale und internationale Normen wider. Inhaltlich wurde jenes Thema aufgegriffen, dass in den vergangenen Jahren zu den meisten Beschwerden führte: Sexismus und Frauendiskriminierung in der Werbung".

Von Verboten, wie kürzlich von Gabriele Heinisch-Hosek angedacht, hält Straberger nichts. "Unverständlich" und "nicht sehr produktiv" findet er die Vorgehensweise des Frauenministeriums. "Freiheit der Kreativität und Kommunikation darf nicht weiter eingeschränkt werden" und "Selbstregulierung ist im vergangenen Jahr von den Regierungsparteien gesetzlich verankert worden", argumentiert er.

"Nicht zahnlos" durch Unterstützung von Medien

Er sieht den Werberat nicht "zahnlos", wie ihm immer wieder vorgeworfen wird, der "mediale Schulterschluss" sei ein Indiz für "die neue Kraft der Selbstregulierung". Straberger: "Immer mehr Medien bekennen sich zu den Entscheidungen des Werberats". So haben etwa Medienunternehmen wie der ORF, Epamedia, Gewista, Megaboard Soravia, "Kleine Zeitung" oder RMS die Selbstregulierungsrichtlinien in ihren allgemeinen Geschäftsbedinungen verankert. Kampagnen, die vom Werberat zum Stopp augefordert wurden, sollen dort nicht mehr geschalten werden. Auch der Verband der Österreichischen Zeitungen (VÖZ) habe hier seine Unterstützung zugesichert.

Auch das Beschwerdemanagement soll verbessert und Entscheidungen schneller gefällt werden. Derzeit vergehen durchschnittlich zehn Arbeitstage, bis der Werberat ein Urteil zu einer Beschwerde fällt, künftig soll die Prüfung nur sechs Arbeitstage dauern. Überarbeitet wurden auch das Corporate Design sowie die Plattform Werberat.at.

Grüne: " Es muss auch Sanktionen geben"

Auch die Grünen haben sich am Montag wieder zur Debatte über Sexismus in der Werbung eingeschalten, Frauensprecherin Judith Schwentner: "Sexistische Werbung darf nicht mit einem Augenzwinkern abgetan werden. Die Frauenministerin muss sich Mühe geben und den Koalitionspartner von der Notwendigkeit eines Verbots von sexistischer Werbung im Gleichbehandlungsgesetz überzeugen. Denn die Selbstkontrolle der Wirtschaft durch den Werberat allein reicht nicht aus." Der Werberat sei einerseits für nicht kommerzielle Werbung nicht zuständig und andererseits verlange dieses Gremium nur in den seltensten Fällen den Stopp einer Werbekampagne, argumentiert sie.

Schwentner: "Wir brauchen eine verbindliche, gesetzliche Regelung, die klarstellt, dass Sexismus in der Werbung nichts verloren hat. Verankert werden sollte dieses Sexismusverbot im Gleichbehandlungsgesetz. Denn das Vorgehen gegen sexistische Werbung darf nicht vom Goodwill einzelner Unternehmen abhängen, es muss auch Sanktionen geben". (red)