Bild nicht mehr verfügbar.

Edelbert Köb, geboren 1942 in Bregenz, war u. a. Akademieprofessor, Präsident der Secession, Direktor des Kunsthauses Bregenz. Seit 2002 Mumok-Chef. Am 30. 9. 2010 endet der Vertrag.

Foto: APA / Jäger

Im Herbst endet, nach neun Jahren, der Vertrag des Direktors des Wiener Museums für Moderne Kunst. Andrea Schurian sprach mit Edelbert Köb.

Standard: Sie waren kürzlich bei Kulturministerin Schmied - um was zu besprechen?

Köb: Sie wollte klarstellen, dass sie meine Verdienste schätzt; und sie hat sich Gedanken für eine Abschiedsehrung gemacht. Aber ich mag weder Abschiedsfeste noch Medaillen. Ich hasse das wirklich.

Standard: Als Ihre Nachfolgerin wird unter anderem Barbara Steiner, Direktorin der Galerie für Zeitgenössische Kunst inLeipzig, gehandelt. Hat Ihnen die Ministerin verraten, wer es tatsächlich wird?

Köb: Nein. Es ist nach wie vor ein großes Rätsel, in welche Richtung sie sucht. Im März will sie jedenfalls den neuen Mumok-Direktor bekanntgeben. Täglich kommen neue Namen dazu. Hoch im Kurs scheinen KunsthallenleiterInnen und nicht Museumsleute zu sein.

Standard: Hätten Sie Tipps für die Ministerin?

Köb: Die Frage ist, in welche Richtung sich das Museum entwickeln soll. Will man ein Sammlungsmuseum? Oder soll es ein Ausstellungshaus unter vielen sein, wo es unter der Erde, wie bei einem Eisberg, auch noch die Sammlung gibt? Wir brauchen aus kunstpolitischen und aus Prestigegründen ein ordentliches Museum, damit österreichische Kunstschaffende über München hinaus wahrgenommen werden. Es gäbe schon einige Kandidaten, jüngere wie ältere: Philipp Kaiser etwa, der die Kunsthalle Basel leitet; oder Simon Groom vom Moderne-Museum in Edinburgh. Auch interessante Kuratorinnen und Kuratoren ganz großer Museen sind lieber Erste in einer kleinen als Zweite in einer großen Institution.

Standard: Und jemand aus dem Haus?

Köb: Viele meiner Kuratoren sind mindestens so gut wie jene, deren Namen gerüchteweise genannt werden. Aber die Führung eines Hauses erfordert auch hohe Managementqualitäten. Man muss mindestens 250.000 Besucher ins Museum bringen; schafft man das nicht, gibt es weniger Geld, eine Spirale nach unten beginnt und endet irgendwann im Nichts. Man braucht daher, ohne dass man sein Programm verrät, zwischendurch Ausstellungen, die Quote bringen oder zumindest Aufmerksamkeit erregen, so wie beispielsweise die begehbaren Skulpturen von Van Lieshout.

Standard: Ist es für einen internationalen Kapazunder nicht ein bisschen knapp mit der Bestellung? Er oder sie wird ja auch Verträge einhalten müssen.

Köb: Natürlich. Ich habe hier bis Ende 2011 geplant und durchfinanziert. Das könnte ein Vorteil für den Neuen sein, weil er sich in Ruhe einarbeiten kann; oder aber er kann es auch als unnötige Verzögerung seines Starts hier sehen.

Standard: In der Ausstellung "Konstellationen" , die heute eröffnet wird, zeigen Sie eine kleine Auswahl dessen, was Sie gesammelt haben. Kennen Sie eigentlich die gesamten Sammlungsbestände?

Köb: Nur auf dem Papier, wir haben gegen 10.000 Inventarnummern. Ich habe zum Beispiel erst bei den Vorbereitungen zu Konstellationen zwei frühe Bilder von Gerhard Richter entdeckt, eine große und eine kleine Monochromie. Unsere Depots waren derart angerammelt, dass wir nicht zu den Kunstwerken durchkamen. Jetzt haben wir 400 Quadratmeter dazugemietet und ich entdecke ganz tolle Sachen aus der Zeit von Lóránd Hegyi und auch davor. Es gibt noch Kisten von Hegyi, die nicht einmal aufgemacht wurden. Aber wir haben jetzt glücklicherweise das Geld für die Digitalisierung bekommen. Bis Herbst wollen wir bereits 600 der wichtigsten Werke online gestellt haben.

Standard: Am Donnerstag wird auch die Ausstellung "Changing Channels" eröffnet, die sich mit dem Verhältnis von Kunst und Fernsehen beschäftigt. Es heißt immer wieder, es gäbe zu viel Fernsehen. Auch zu viel Kunst?

Köb: Ja. Ich erlebe jeden Tag diese Oberflächenberührungen, wie Hautreize. Zu viel und rasch wechselnd, um noch tief gehen zu können. Wie alle schlinge ich nur mehr Informationen in mich hinein: Einer der Gründe, warum ich froh bin, bald draußen zu sein und Zeit zu haben, mich auf Kunst wirklich einzulassen.

Standard: Für die Max-Weiler-Ausstellung, die Sie nun fürs Essl-Museum kuratieren, hatten Sie mehr Zeit?

Köb: Ein Jahr. Weiler war einer der Kollegen, zu denen ich ein besonderes Verhältnis hatte. Bei dieser Periode 1963 bis 64 dachte ich immer: Das ist etwas Besonderes, Riskantes, Experimentelles; Fundstücke aus der Natur der Malerei, die ihn in neuem Licht zeigen.

Standard: Warum haben Sie diese Ausstellung eigentlich nicht fürs eigene Haus gemacht?

Köb: Das war einer meiner Grundsätze: keine Geburtstagsausstellungen österreichischer KünstlerInnen im Mumok ohne ganz besonderen Grund.

Standard: Sie waren treibende Kraft für eine neue Museumsordnung. Sind Sie nun enttäuscht, dass Sie nicht Nutznießer sein können?

Köb: Nein. Meine persönliche Befindlichkeiten standen nie im Vordergrund. Auch die alte Museumsordnung war ja nicht schlecht. Nur: Wenn niemand kontrolliert, ist alles Schall und Rauch. Museumspolitik wird über Geld und Räume gemacht, da kann in der Museumsordnung stehen, was will, das ist unerheblich.Viele Museumsdirektoren glauben, die Kunst sei der Nabel der Welt, und erst recht ihre Institution sei es. Ich weiß um die relativ geringe gesellschaftliche Bedeutung. Und ich weiß, dass innerhalb eines Jahres alles anders sein kann, wenn man weggeht.

Standard: Werden Sie künftig auch wieder selber mehr Kunst machen?

Köb: Nein. Das ist vorbei. Ich finde es schön, wenn manche Menschen kunstähnliche Tätigkeiten ausüben. Aber ich mag mittelmäßige Kunst nicht - und jeden Tag dran leiden: Soll ich mir das Alter versauen?

Standard: Sie halten Ihre eigene Kunst für mittelmäßig?

Köb: Ich habe aufgehört, weil ich andere spannende Aufgaben angenommen habe.Und weil es absurd ist, mit fünf Prozent Restenergie das Gleiche erreichen zu wollen wie diejenigen, die ihre ganze psychische und physische Energie hineinstecken. Da beschäftige ich mich lieber mit den besten Leistungen der Gegenwartskunst und gehe ins Theater, ins Kino oder auf den Fußballplatz. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.3.2010)