Foto: Belvedere

Es braucht gar keinen originalgetreu nachgebauten Swinger-Club in der Secession, um sich gehörig echauffieren zu können. Es reicht schon ein von Künstlerhand bemaltes Schild im Marmorsaal des Belvedere, auf dem zu lesen ist: "Schreien Sie jetzt, so laut Sie können!"

Mit seiner interaktiven Installation Breath fordert Werner Reiterer das Publikum auf, "sich über soziokulturell erlernte Verhaltensregeln aktiv hinwegzusetzen". Natürlich traut man sich nicht gleich. Aber irgendwann lässt man dann doch die Sau raus. Und man muss schon ordentlich brüllen, um die Glühbirnen zum Flackern und den Saalgott zum Schnaufen zu bringen. Das Brüllen hört man dann echt überall.

Was zur Folge hat, dass der Beschwerdebriefkasten gegenwärtig prall gefüllt ist. Etwa mit dezenten Drohungen: "Your museum is exquisite but our visit was ruined by the screaming in the main hall. We will not be back until after it leaves."

Die "organisierte Brüllorgie" sei "das Dümmste und Lästigste, was ich in den letzten Jahrzehnten in dieser Stadt erlebt habe". Und: Die Verantwortliche "sollte darüber nachdenken, eine Tätigkeit im Prater anzunehmen". Geschreie könne man "für das gleiche Geld im Fußballstadion bekommen". Man habe ja gelernt: "Ein Museum soll ruhig sein!"

Irgendwie tröstlich, dass es keinen Swinger-Club braucht, um sich noch erregen zu können. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 06./07.03.2010)