Rodungsarbeiten (rechts) unter Protest (links) im Augartenspitz

Foto: STANDARD/Fischer

Wien  - Die Bauarbeiten für eine neue Konzerthalle der Wiener Sängerknaben sind am Montag nun endgültig angelaufen. In den frühen Morgenstunden wurde mit der Einrichtung der Baustelle am Augartenspitz begonnen. Aktivisten hatten das Areal zuvor besetzt und waren auf Bäume geklettert, um deren Rodung zu verhindern. Ein Teil von ihnen hat nach Einschreiten der Exekutive das Grundstück verlassen.

Dennoch wollten die Augarten-Aktivisten nicht aufgeben: "Es herrscht Alarmstufe Rot", betonte Eva Hottenroth von der Initiative "Freunde des Augartens" am Montag. Die Sängerknaben hatten angekündigt, vorerst nichts gegen die Baumbesetzer unternehmen zu wollen.

70-Jährige im Spital

Gegen Mittag hielten sich acht Personen in dem Gehölz auf, darunter auch Raja Schwahn-Reichmann vom "Josefinischen Erlustigungskomitee". Zu einem Zwischenfall kam es, als die Polizei ein weiteres Mal einschritt, um Demonstranten vom abgesperrten Areal zu entfernen. Diese hatten sich über Bauzäune Zutritt verschafft. Eine etwa 70 Jahre alte Frau klagte über Schmerzen und Herzprobleme, nachdem Beamte sie vom Grundstück getragen hatten. Sie wurde mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht.

Anders als gegen jene Personen, die zu Fuß in das Areal eindrangen, ging die Exekutive nicht gegen die Baumbesetzer vor. Es sei nicht notwendig, diese mit Gewalt von den Bäumen zu holen. "Das ist der falsche Weg", betonte eine Polizei-Sprecherin gegenüber der APA.

Die Arbeiter nahmen trotz der Vorfälle nach mehrstündiger Unterbrechung die Rodungsarbeiten wieder auf. Sie ließen sich weder von den Aktivisten im Geäst noch von den "Aufhören"-Rufen beeindrucken. Filmarchiv-Chef Ernst Kieninger, der ebenfalls vor Ort war, sprach gegenüber der APA von Behinderungen und Einschränkungen des Betriebs. Er ärgerte sich aber nicht über die Besetzer: "Die Aktivisten machen von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch."

"Zeugnis der Beton-Politik"

Scharfe Kritik an der "harten Vorgangsweise" übten die Wiener Grünen. Mit Motorsägen gegen die Augarten-Schützer aufzufahren, zeuge nicht vom Willen, den Konflikt friedlich und gemeinsam mit den Anwohnern lösen zu wollen, empörte sich die grüne Planungssprecherin Sabine Gretner in einer Aussendung. "Wir werden nicht zulassen, dass viele Grünflächen in Wien sukzessive verkleinert werden. Dieser Bau ist Zeugnis der Beton-Politik von (SP-Bürgermeister Michael, Anm.) Häupl, (Sängerknaben-Präsident Walter, Anm.) Nettig und Co.", ergänzte Umweltsprecher Rüdiger Maresch.

"Dürfen, wollen und werden bauen"

Laut Sängerknaben liegen nun alle rechtlichen Bescheide vor, um das Projekt in Angriff zu nehmen. Eine weitere Verschiebung der nächsten Schritte sei nun nicht mehr möglich. "Die vorgesehenen Umpflanzungen, Baumsicherungen, Fällungen und Totholzentfernungen müssen jetzt erfolgen", hieß es in der Aussendung. Über die weitere Vorgangsweise angesichts des Protests und der noch auf den Bäumen verbliebenen Konzertsaalgegner konnte ein Sprecher des Knabenchors auf APA-Anfrage vorerst keine Auskunft geben - nur soviel: "Wir dürfen, wollen und werden bauen." Nach der Einrichtung der Baustelle erfolge nun als nächster Schritt die Untersuchung des Bodens etwa auf eventuelle Altlasten, hieß es bei den Sängerknaben.

Der Streit zwischen Sängerknaben und Bürgerinitiativen dauert bereits seit Monaten an. Zuletzt sollte es Mitte Februar ein Treffen geben, um Probleme zu erörtern. Der Termin war jedoch gescheitert, worauf Walter Nettig, Präsident der Sängerknaben, gegenüber der APA ankündigte, am projektierten Musikzentrum nicht mehr rütteln zu wollen. (APA)