Große Messe, kleine Bücher: das kleinste Buch der Welt (32 Seiten, 2,4 x 2,99 mm), in Leipzig auf einer 1-Cent-Münze liegend.

Foto: Jan Woitas

2005 erstmals verliehen, hat sich der Preis der Leipziger Buchmesse ebenso rasch als Marketing- und Verkaufszugpferd erwiesen wie der Deutsche Buchpreis, dessen Preisträger im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse gekürt werden.

Vor zwei Jahren flog eine Bierflasche hoch, als der Leipziger Clemens Meyer lautstark seinen Triumph bejubelte. Vor einem Jahr wurde die Ost-Berlinerin Irina Liebmann für das Porträt ihres Vaters ausgezeichnet, eines Kommunisten, der in der DDR kalt gestellt worden war.

Verdankten diese Preisträger, so die mokante Bücherbranche, ihre Auszeichnung dem Lokalkolorit? Sollte es somit dieses Jahr in der Belletristik Die Zeitwaage des stillen Lyrikers Lutz Seiler aus Brandenburg treffen? Ausgezeichnet wurde der gebürtige Augsburger Georg Klein für Roman unserer Kindheit.

Thematisch ausgewogen waren die fünf Bücher der Endauswahl. Es gab Liebe (Anne Weber, Luft und Liebe), Erinnerung (Klein) und pikareske Erotik (Jan Faktor, Georgs Sorgen). Hohe Wellen schlug im Vorfeld Axolotl Roadkill, Helene Hegemanns Roman, der trotz des Nachweises, dass die Achtzehnjährige plagiiert und dies als modische Copy-and-Paste-Technik hinstellte, von der Jury unbeirrbar auf der Nominiertenliste gehalten wurde.

Still und leise ausgeschlossen

Anders als ein Sachbuch, das ganz still und leise ausgeschlossen wurde. Eine Woche vor der gestrigen Preisverleihung wurde bekannt, dass im Februar von der fixen und branchenintern bereits verbreiteten Liste Norbert Leitholds Biographie des Grafen Goltz, eines Zeitgenossen Goethes in Weimar, im letzten Moment gestrichen worden war. Stieß doch die Jury im Internet auf biographische Details - Leithold hatte vor Jahren Pornos mit Minderjährigen gedreht, wofür er strafrechtlich verurteilt wurde -, die postwendend die Denominierung auslöste. Den Sachbuchpreis erhielt Ulrich Raulff für Kreis ohne Meister: Stefan Georges Nachleben.

In der Rubrik Übersetzung hätten mindestens vier Preise an die fünf Bücher gehen können, so hoch war die Qualität. Dass Ulrich Blumenbachs sechsjährige Arbeit an David Foster Wallaces Mammutroman Unendlicher Spaß mit Christian Hansens mehrjähriger Übertragung von 2666 des Argentiniers Roberto Bolaño konkurrieren musste, Rosemarie Tietzes Eindeutschung von Tolstois Anna Karenina mit Hubert Witts Nachdichtung des Epos Gesänge vom Meer des Todes Abraham Sutzkevers - gekürt wurde Blumenbach -, solche Luxusprobleme hätte man gern öfters. (Alexander Kluy aus Leipzig, DER STANDARD/Printaugsabe, 19.03.2010)