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Zur Person

Der Amerikaner Michael Roach ist Autor des Buches "Die Weisheit des Diamanten". Nach seiner Ausbildung in Princeton hat er ein 21-jähriges Training in Tibetischen Klöstern zu einem Geshe (buddhistischer Gelehrtengrad, Anm.) vollzogen. Es scheint, dass er der erste Westler seit 600 Jahren ist, der diese Ausbildung fertig gemacht hat.

Parallel dazu baute er ein Diamanthandelsunternehmen auf, Andin International. Dieses Unternehmen wuchs von einem Kredit von 50.000 US-Dollar zu 250 Millionen Umsatz innerhalb von 15 Jahren. Vor zwei Jahren wurde Andin von Warren Buffet gekauft. Geshe Michale hat in seiner beruflichen Karriere die Prinzipien seiner Ausbildung angewandt. 2003 begründete er die Diamond Mountain University in Arizona.

Foto: The Diamond Cutter Institute

derStandard.at: Wie lassen sich Ethik und wirtschaftlicher Erfolg vereinbaren?

Michael Roach: Das Buch des Buddha, The Diamond Cutter, ist das älteste gedruckte Buch der Welt. Unser Unternehmen, Andin International Diamond war das erste moderne Unternehmen, das dieses Buch als Anleitung für das operative Geschäft zum Vorbild nahm - mit dem Ergebnis, dass es das am schnellsten wachsende seiner Art in der Geschichte New Yorks war. Der Jahresumsatz wuchs von Null auf 250 Millionen US-Dollar an - vor Kurzem wurde die Firma vom Superinvestor Warren Buffet, dem zweitreichsten Mann in den USA nach Bill Gates gekauft.

Studiert man den Diamond Cutter genau, merkt man, dass strenge Ethik im Business nicht die einzige Strategie ist, aber dass Ethik viel erfolgreicher macht - der Erfolg gibt Andin International Recht. Andererseits scheinen manche ethisch geführte Unternehmen zu scheitern und wieder andere unethisch geführte erfolgreich zu sein. Es kommt auf die richtige Technik an um sich im Erfolg von anderen abzuheben.

derStandard.at: Gibt es so etwas wie "buddhistische Ökonomie"?

Roach: Es gibt eine wachsende buddhistische Ökonomie weltweit. Das heißt aber nicht, dass in diesen Unternehmen lauter Buddhisten arbeiten. Diese Unternehmen orientieren sich an den Prinzipien des Diamond Cutter. Wir haben Zahlen, nach denen drei Millionen Menschen weltweit diese buddhistische Philosophie berücksichtigen, das Buch ist in 20 Sprachen übersetzt worden und erfreut sich besonderer Beliebtheit in China und anderen asiatischen Ländern. Eine meiner Lieblingserfolgsgeschichten: Zwei Sekretärinnen einer New Yorker Werbeagentur lesen das Buch, gründen daraufhin ihre eigene Agentur namens Kaplan Thaler Advertising nach dem buddhistischen Prinzip. Mittlerweile hat es die Agentur auf eine Milliarde US-Dollar Jahresumsatz gebracht.

derStandard.at: Sie haben über 21 Jahre hinweg immer wieder Zeit in tibetischen Klostern verbracht und wurden zum Geshe ausgebildet. Welche Tugenden, die Sie dort gelernt haben, sind für Sie die wichtigsten für den Karriereerfolg?

Roach: Es gibt zwei wichtige Dinge. Erstens: Karma funktioniert. Wir alle haben eine vage Ahnung davon, was Karma bedeutet: wir tun etwas Gutes oder Schlechtes, das irgendwann auf uns zurückfällt. Aber das nur ansatzweise das Wissen über Karma, wie man es für den Erfolg im Beruf oder im Business braucht.

Hier ist eine kurze Erklärung wie Karma wirkt:Ich habe ein Geschäft und möchte mehr Profit machen, also nehme ich einen Teil des Unternehmenskapitals und investiere es in ein kleineres Geschäft, das von einer armen Person in meinem Land aufgebaut wird. Indem ich dieser Person mein Geld anvertraue, kann ich meinen eigenen Arm und meine eigene Hand beobachten, die das Geld hergibt. Mein Geist fertigt ein Bild davon an, was ich sehe. Daraus wird eine Erinnerung, die einen Karma-Samen in mir einpflanzt. Dieser Samen wächst und wächst in meinem Geist, solange bis er sich öffnet. Das Öffnen des Samens lässt mich eine gute Chance für mein Geschäft erkennen, die ich zuvor nicht gesehen habe. Wenn ich dieser Chance folge, mache ich großen Profit. So funktioniert Karma. Das war eines der ersten Dinge, die ich im Kloster lernte.

Das Zweite, das ich gelernt habe: die Beziehung zwischen "ich" und "du". Wenn ich selbst nur Geld verdienen kann, indem ich Geld für dich verdiene, dann ist dir zu helfen dasselbe wie mir zu helfen. Klarerweise ist dann der Unterschied zwischen "mir" und "dir" gar nicht mehr so groß wie angenommen. Aufeinander Acht zu geben wird daher etwas Normales und macht uns beide nicht nur erfolgreicher sondern auch wertschätzender und glücklicher.

derStandard.at: Welche Menschen besuchen Ihre Seminare?

Roach: Viele verschiedene Menschen in den USA und Asien besuchen unsere Seminare, viele davon sind Unternehmer oder leitende Angestellte großer Konzerne. Sie wollen herausfinden wie sie ihre Unternehmen auf die nächste Stufe des Erfolgs bringen können. Auch Angestellte, Supervisors und Manager besuchen die Seminare - sie wollen wissen wie sie zu mehr Gehalt kommen oder zu einer besseren Position im Job.

Interessantes passiert in unseren Seminaren: Wir bieten den Menschen den neuen Schlüssel alter tibetischer Weisheit um ihn für definitiven Erfolg im modernen Business zu verwenden. Die Menschen merken aber sehr schnell, dass sie diesen Schlüssel auch für andere Lebensbereiche verwenden können: für die Gesundheit, persönliche Stärke, zwischenmenschliche Beziehungen mit den Resultat dass sie glücklicher und kreativer leben lernen.

derStandard.at: Es gibt auch Stimmen, die Kritik an Ihnen üben. Was antworten Sie?

Roach: Manche Menschen fragen sich warum ein buddhistischer Mönch Menschen beibringt wie sie Geld verdienen können. Sie sagen Erfolg im Job und innerer Erfolg sind zwei komplett verschiedene Dinge. Ich antworte dann, dass der Schlüssel zu innerem und äußerem Erfolge derselbe ist. Wenn du weißt, wie Meditieren erfolgreich funktioniert, kannst du dieses Wissen auch für den Erfolg im Business verwenden. Geld macht nicht glücklich, aber ein glücklicher Mensch mit Geld kann viel Gutes tun.

derStandard.at: Sie haben in den vergangenen 15 Jahren ein Unternehmen aufgebaut, das heute 250 Millionen Dollar Jahresumsatz macht. Hätten Sie das auch geschafft ohne ein Geshe zu sein?

Roach: Wenn wir in unserem Leben etwas tun - eine Geschäftsstrategie aufbauen oder sei es nur in der Früh zur Arbeit zu fahren - können wir nie hundertprozentig sicher sein, dass es uns gelingt. Das Leben ist voller unvorhersehbarer Dinge und unglücklicherweise gewöhnen wir uns daran. Wir lernen das Beste daraus zu machen. Wir glauben Glück bedeutet, mit unseren Enttäuschungen auf erwachsene Art umzugehen. Es ist auch möglich erfolgreich zu sein ohne das Diamond Cutter Prinzip. Der Unterschied ist nur: das buddhistische Prinzip funktioniert ganz sicher und macht glücklich und entspannt. (derStandard.at, 7.4.2010)