Schwarz-Grün als Erfolgsrezept? In Niederösterreich wagen gleich mehrere Gemeinden das Experiment. In Baden treten Kurt Staska (ÖVP) und Helga Krismer (Grüne) ab sofort gemeinsam in die Pedale.

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In Mödling pflanzen Hans Stefan Hintner (ÖVP) und Gerhard Wannenmacher (Grüne) Bäume.

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Der grüne Landesgeschäftsführer Thomas Huber zeigte sich am Abend nach der Gemeinderatswahl in Niederösterreich zuversichtlich, dass die Grünen "die eine oder andere Regierungsbeteiligung" schaffen würden. Der Stimmenanteil der der Öko-Partei ist mit 3,43 Prozent landesweit zwar in etwa gleich geblieben wie 2005, dennoch war das für Huber kein Grund Trübsal zu blasen. Und jetzt, ein Monat nach der Wahl, freut er sich im Gespräch mit derStandard.at: "Das Industrieviertel heißt ab sofort Grünviertel."

Huber spielt damit auf die Regierungsbeteiligungen der Grünen in den Bezirkshauptstädten Baden, Mödling und Neunkirchen im südlichen Niederösterreich an. In allen drei Städten sind die Grünen eine Koalition mit der ÖVP eingegangen. "Rund um Wien sind wir traditionell sehr stark und wir haben vor Ort starke Gruppen, die gut arbeiten", sagt Huber.

"SPÖ auf Landesebene ein Chaotenhaufen"

Er ist sich sicher, dass die Zusammenarbeit mit der ÖVP klappen werde. "Die Landes-ÖVP ist gut organisiert und das wirkt sich auch auf die Gemeindeebene aus." Die Hilfestellung vor Ort klappe bei den Schwarzen besser als bei den Roten: "Die SPÖ ist auf Landesebene ein Chaotenhaufen."

"Keine großen Differenzen in Baden"

"Die ÖVP hat sich ein gutes Stück vorbewegt", sagt die künftige Grüne Vizebürgermeisterin von Baden, Helga Krismer. In der Kurstadt hat die ÖVP nach sechzig Jahren die absolute Mehrheit verloren. Die SPÖ, die Bürgerliste ("Wir Badener") und die Grünen sind in Koalitionsverhandlungen getreten, konnten sich aber nicht einigen. Der Ball lag somit wieder bei der ÖVP. Sie hat Verhandlungen mit den Grünen aufgenommen, nach rund zwei Wochen war man sich einig und der Koalitionspakt wurde geschlossen.

Gegenseitiges Vertrauen

"Wir haben umfangreiche Vorhaben auf die Beine gestellt und es hat keine große Differenzen gegeben", erklärt Krismer. Sie glaubt an eine gute Zusammenarbeit mit der ÖVP in der kommenden Legislaturperiode. Gegenseitiges Vertrauen in den Partner sei dabei jedoch notwendig. 

"Es war von Anfang an eine Sympathie da", beschreibt der Badener ÖVP-Gemeinderat Gottfried Forsthuber, zuständig für Jugendkultur und Sport, die Verhandlungen der ÖVP mit den Grünen. In Baden habe man jetzt einen Schwerpunkt auf Umweltthemen gesetzt. Dass sich die ÖVP erst an die neue Situationen gewöhnen werde müssen, gibt Forsthuber zu, schließlich hat die ÖVP jahrzehntelang alleine regiert. Man habe sich aber vorgenommen, sich immer sehr genau mit dem Koalitionspartner abzustimmen. "Es hat keinen Sinn drüberzufahren."

"Man muss im Kleinen anfangen"

Dass schwarz-grüne Koalitionen ein erfolgreiches Zukunftsmodell auch für die Landes- und Bundesebene sind, davon ist Forsthuber überzeugt: "Ich finde es spannend, es ist einmal was anderes." Er habe sich das bereits 2002, als es ernsthafte Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen auf Bundesebene gab, gewünscht. Aber: "Man muss im Kleinen anfangen."

Seitens der Landes-ÖVP scheint der Beifall für die neuen schwarz-grünen Koalitionen jedoch enden wollend zu sein. Auf Anfrage von derStandard.at wollte kein Parteivertreter der VP-Niederösterreich Stellung nehmen. Die Begründung des Pressesprechers: "Weil es um regionale Geschichten geht."

Einzige realistische Möglichkeit

Für Mödling beschreibt der künftige grüne Vizebürgermeister Gerhard Wannenmacher die Regierungsbeteiligung sehr pragmatisch. Durch die Verlustserie der SPÖ  gäbe es eben kaum eine andere Möglichkeit für die Grünen, in eine Regierung zu gehen, als gemeinsam mit der ÖVP. Wannenmacher betont jedoch: "Wir drängen nicht auf Teufel komm heraus in eine Koalition."

Rot-Grün in Obergrafendorf und Groß Enzersdorf

Abseits des "Grünviertels" im Süden Wiens wird es im Übrigen auch in Pressbaum eine schwarz-grüne Koalition geben, allerdings ohne Vizebürgermeisteramt. In Obergrafendorf haben sich SPÖ und Grüne auf eine Koalition geeinigt, dasselbe zeichnet sich auch für Groß Enzersdorf ab. In Maria Enzersdorf wird es eine Dreierkoalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen geben. Die Grünen stellen den Vizebürgermeister.

Aber auch Rückschläge mussten die Grünen in Niederösterreich hinnehmen. So haben sie zum Beispiel in Klosterneuburg und in Ulrichskirchen-Schleinbach den Vizebürgermeistersessel wieder an die ÖVP, die in beiden Städten die absolute Mehrheit errungen hat, abgeben müssen. (rwh, derStandard.at, 14.3.2010)