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Franz Viehböck, Österreichs erster Mann im All, besuchte derStandard.at und erzählte über die vielen Höhen seiner Karriere

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Franz Viehböck hat in seinem Leben anscheinend ziemlich viel richtig gemacht. Er war Österreichs erster Mann im All, ist mittlerweile Vorstand bei der Berndorf AG, einem Global Player in der Herstellung von Stahlbändern, und hat sich auch privat ein Idyll aufgebaut. Dabei, sagt der gertenschlanke Niederösterreicher, "gehe ihm bei Gott nicht alles leicht von der Hand". Vielleicht der einen nicht, aber der anderen schon.

Ob es das Elektrotechnik-Studium war, das ihm prompt eine Assistenten-Stelle an der Technischen Universität in Wien bescherte, ob es sein Hobby Wasserball-Spielen war, das ihm sofort einen Platz in der Staatsliga-Mannschaft der Schwimm-Union einbrachte, seine Bewerbung für "Austromir", die ihn zum Astronauten erster Wahl machte, oder sein anschließender Russisch-Kurs, der ihm von den Sowjets beste Zensuren einbrachte - Franz Viehböck wusste schon, was er will und dies auch umgehend zu erreichen.

"G'sunde und g'scheite Leut"

Als erster Österreicher absolvierte er einen Flug ins All zur Weltraumstation Mir - eine neuntägige Mission, die ihm einen Eintrag in den österreichischen Geschichtsbüchern sicherte. Gegen 195 Mitbewerber musste er sich beim Auswahlprozess durchsetzen, auch sein unmittelbarer "Rivale", der mittlerweile 46-jährige österreichische Arzt Clemens Lothaller, blieb schließlich gegen Viehböck auf der Strecke zum All. Der Unterschied zwischen den beiden war lediglich ein "geringfügig medizinischer". Wissenschaftsminister Erhard Busek fand anno dazumal, er habe allen Grund zur Zufriedenheit, "dass wir in Österreich so g'sunde und g'scheite Leut haben". Eine Rivalität zu Lothaller bestreitet Franz Viehböck stets energisch. "Der Clemens hat das professionell verkraftet und nach mehreren Tagen gut weggesteckt. Das hat unserem Verhältnis nicht geschadet, es war uns beiden von vornherein klar, dass nur einer fliegen kann", lauten seine Stehsätze zu diesem Thema.

Was die größte Herausforderung war um ins All zu gelangen? "Russisch lernen". Sobald Viehböck ausgewählt war, blieben ihm gerade mal noch ein paar Wochen in der Heimat, um die Sprache zu lernen. Während der intensiven monatelangen Ausbildungsphase im Sternenstädtchen Swjosdny Gorodok, dem zentralen Ausbildungszentrum der russischen Kosmonauten, lernte er Russland kennen. Nachts wurden fleißig Hausübungen gemacht, am Tag der Zusammenbruch des kommunistischen Systems erlebt. "Das war, völlig abgesehen von meiner Reise in den Weltraum, eine enorme Erfahrung. Die Entwicklung ist toll, wenn man bedenkt, dass sich die Sowjetunion ohne gröbere Gewalt und ohne Bürgerkrieg aufgelöst hat", sieht es der 48-jährige Perchtoldsdorfer rückblickend mit Freude.

Weltraum-Tickets um 200.000 Euro

Nicht nur Russland ist anders heute, auch braucht es die ganze militärisch-strenge Tortur wahrscheinlich schon bald nicht mehr, um in die Weiten des Alls vorzudringen. In naher Zukunft wird es, laut Viehböck, ballistische Transportmittel geben, Mitteldinger aus Flugzeug und Rakete, die kurzzeitig die Höhe von 100 Kilometern und damit das Weltall erreichen. Für fünf bis sechs Minuten ist man im Orbit, Tickets gibt's um etwa 200.000 Euro. Der britische Milliardär Richard Branson, so etwas wie der Jules Verne des 21. Jahrhunderts, hat mit "Virgin Galactic" bereits ein Unternehmen für Weltraumreisen gegründet, das schon bald Jungfernflüge starten könnte. "Wer das nötige Kleingeld besitzt, hat aber auch Alternativen. Längere Aufenthalte im Weltall, auf der internationalen Weltraumstation, kann man für 20 Millionen Euro buchen. Sechs oder sieben Weltraumtouristen haben das bereits gemacht."

Eine wahre Ochsentour

Die neun Tage im All kosteten Viehböck jedenfalls nichts, verstrichen aber äußerst schnell und streng strukturiert. Geweckt wurde er früh morgens nach Moskauer Uhr, danach blieb eine Stunde Zeit zum Frischmachen bevor der Arbeitstag startete. Jede Minute war geplant, wissenschaftliche Experimente, Sport, Instandsetzungsarbeiten am Raumschiff oder Kommunikation mit der Bodenstation wurden manchmal sogar bis in den halben Minutentakt terminlich festgesetzt. Geschlafen wurde kaum.

Die Rückkehr war auch nicht weniger stressig. Viehböck absolvierte eine wahre Ochsentour an Ehrungen in der Öffentlichkeit, wurde in Interviews, Radiosendungen und Talkshows herumgereicht. Und hatte im Nachhinein betrachtet nicht nur die Bodenhaftung im Raumschiff, sondern auch auf der Erde verloren. "Ich habe mich reinziehen lassen in den Mediensog von Interviews, Radiosendungen, Talkshows, bin ein wenig von meinem Weg abgekommen. Das wurde mir aber bewusst, ich wollte das drosseln." Eine glückliche berufliche Fügung führte dies einer Erledigung zu: Als Manager ging er zu Boeing und dessen Space Systems Group nach Kalifornien, wo der Medienrummel kein Thema mehr war.

"Das Leben ist noch nicht zu Ende"

Viehböcks Antriebskraft und Ehrgeiz verlagerten sich in die Privatwirtschaft, in ein Loch ist er nach seinem russischen Karrierehighlight anscheinend auch nicht gestürzt, große Lücken in seiner Vita sind zumindest nicht zu finden. Er sieht "das Leben nicht am Ende angelangt, wenn man so ein Erlebnis gehabt hat. Jeder Mensch braucht Ziele, und durch das Stecken von immer neuen Zielen schöpft man auch Kraft und Motivation. Das ist notwendig, um einen Sinn im Leben zu finden. Nur dahinzuvegetieren, das ist nicht der Sinn des Lebens". Luxus will er sich auf dem Weg, den er das Leben nennt, nur in Maßen gönnen. "Mein teuerstes Kleidungsstück ist ein Frack, den ich ein einziges Mal am Opernball getragen habe. Ja und wahrscheinlich mein Raumanzug, den ich vor kurzem zurückersteigert habe."

Weniger adrett ist auch ganz nett

In Viehböcks glatter Karriere sucht man fast vergeblich nach offensichtlichen Ausrutschern. In die Rubrik gröbere Schnitzer fällt schon, als er eine Freundin, die zugenommen hatte, einmal fragte, ob sie denn schwanger sei. Privates verrät er nicht. Wenn ihm etwas peinlich ist, dann vielleicht sein nicht gerade ausgeprägtes Feingespür für Etikette. Der "Austronaut" kleidet sich gerne leger. Auch bei hochoffiziellen Anlässen. Schaffte er es zum damaligen Präsidenten Waldheim nach seiner Erdankunft noch in Schale, so sah die Sache in Kasachstan am Startgelände des Weltraumprojekts schon anders aus.

Viehböck war einmal zu einem inoffiziellen Treffen geladen und reiste in Jeans und weißen Sneakers an. Am Flughafen wartete dann fast ein Dutzend Minister am ausgerollten roten Teppich, sein kasachischer Crew-Kollege schickte ihn voraus. Viehböck: "Ich war überrascht und es war mir sehr unangenehm. Wie es der Zufall so will, ist mir das zwei Jahre später noch einmal passiert: Ich war übernachtig, der Flieger hatte Verspätung und ich kam gerade noch rechzeitig zur Eröffnung einer wissenschaftlichen Konferenz, war unrasiert, ungewaschen, müde und der Premierminister sagt lachend zu mir: Ah Herr Viehböck! Wir sind das eh schon von ihnen gewohnt." (Florian Vetter, derStandard.at, 31.3.2009)