Wiens jugendliche Slacker und Feierabend-Rapper proben das wilde Leben auf der Straße und im Probekeller - Niki Lists "move!" macht mobil

Foto: CULT-Film
Wien - Es ist Winter. Am Christkindlmarkt ist es uuurkalt, aber dafür gibt es dort immerhin uuurfette Riesenschaumrollen zu kaufen.

Im Winter also beginnt move! Irgendwann wird er in der Sommerhitze enden. Dazwischen begleitet Niki Lists neuer Film eine Gruppe von Leuten Anfang zwanzig in Form einer inszenierten Dokumentation: eine Gruppe junger Männer, die unter dem Namen Viennese Vodoo an einer HipHop-Karriere werken, und drei junge Frauen, die Videos drehen.

Letzteres ("Eh cool, dass die jetzt so was Künstlerisches machen") hat zur Folge, dass move! zwischen deren (Selbst-)Bildern aus der Mini-Cam und jenen des Filmteams pendelt. Ein Verfahren, das oft unmotiviert erscheint - zumal der technische Aufwand ganz allgemein (ein beiläufiges Telefonat, das in Schuss-Gegenschuss aufgelöst wird, ein Bankbesuch, der doppelt aufgezeichnet wird) durch das Erzählte nicht plausibler wird.

Vom HipHop-Videodreh springt die Erzählung direkt zu den Demonstrationen um die Wehrmachtsausstellung, Parallelmontagen stellen den Slacker-Alltag der jungen Musiker den Professionalisierungsbestrebungen der Videoartistinnen gegenüber. Irgendwie geht es hier offenbar um Alltag.

Gleichzeitig wird jedoch damit spekuliert, dass dieser doch nicht so alltäglich ist. Aspekte wie etwa den eines erweiterten Umfelds, die Frage nach (angedeuteten) Beziehungen oder schlicht nach Geld, das in den Equipments steckt, klammert der Film von vornherein aus. Ein wenig erinnert move! an Ulrich Seidls Models - hat aber weder dessen formale Konsequenz, nur in Einzelfällen dessen Wortgewalt und -gewandtheit und schon gar nicht so begnadete (Selbst-)Darstellerinnen:

Die männlichen Protagonisten mit ihren Posen, Gesten und Wordraps legen immerhin genügend Kameraverliebtheit an den Tag, um zumindest streckenweise entsprechend überzeugend aufzutreten. Die Szenen, in denen ihre Kolleginnen etwa nach "mächtigen Ideen" für ihr Video suchen, gruppendynamische Spannungen verhandeln oder eine Ausgabe von Woman kommentieren, wirken dagegen eher aufgesetzt und aufgesagt.

Was beim Betrachten vor allem nicht entsteht, ist ein Gefühl für den Antrieb, der hinter all dem steckt - außer vielleicht einem vordergründig bleibenden Wunsch nach Selbstverwirklichung. "Eine gewisse Oberflächlichkeit muss eh dabei sein", heißt es einmal im Film - das sei Voraussetzung, um sich einem breiten Publikum überhaupt verständlich machen zu können. Ein Trugschluss, dem möglicherweise auch der Film als ganzer erlegen ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.4.2003)