Krähen verwenden Werkzeuge und denken dazu noch kausal.

Foto: Behav. Ecol. Research Group, Oxford

Auckland/London - Man nennt sie aufgrund ihrer erstaunlichen Intelligenz nicht von ungefähr die "gefiederten Affen": Rabenvögel wie die Geradschnabelkrähen verwenden Werkzeuge, verstehen einige Grundprinzipien der Physik, und sie können sich selbst und Menschen erkennen.

Eine neue Untersuchung kommt nun zum Schluss, dass die Vögel womöglich noch klüger sind, als die Verhaltensforschung bisher annahm: Die schwarzen Schlaumeier konnten auch ziemlich schwierige mehrteilige Probleme mit verschiedenen Werkzeugen lösen. Und das wiederum deutet darauf hin, dass die Vögel zu komplexem, ja sogar kausalem Denken fähig sind, wie neuseeländische Forscher um Alex Taylor in den "Proceedings" der Royal Society B schreiben.

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Bei ihrer neuen Untersuchung kamen sieben wilde Geradschnabelkrähen zum Einsatz, die auf der südpazifischen Insel Neukaledonien zu Hause sind, und denen folgende Denksportaufgabe vorgesetzt wurde: Um an ein Fleischstück heranzukommen, das sich in einer Kiste mit Loch befand, mussten die Vögel ein langes Stöckchen verwenden. Dieses wiederum befand sich in einer Gitterbox und konnte nur mit einem zweiten kleineren Stäbchen herausmanövriert werden. Damit nicht genug, mussten die Krähen dieses Stäbchen von einer von der Decke baumelnden Schnur lösen.

Vier Krähen waren bereits aus früheren Aufgaben damit vertraut, einen mit einer Schnur verbundenen Stock zu benutzen, um an Nahrung heranzukommen. Die zweite Gruppe war noch weiter - diese Krähen hatten zusätzlich schon Schnur oder Stock einzeln verwendet, um ein zweites Werkzeug zu erreichen. Während die Fortgeschrittenen nur noch die einzelnen Handlungen verbinden mussten, mussten die Novizen aus der ersten Gruppe neue Verhaltensweisen erst erlernen.

Wie kamen die Vögel nun mit der komplexen Aufgabe zurecht? Alle drei fortgeschrittenen Krähen konnten die Aufgabe problemlos im ersten Versuch lösen. Dies gelang auch zwei Krähen aus der Anfänger-Gruppe. Die beiden anderen mussten ein paar Mal üben, bis sie es schließlich auch schafften.

Das Besondere der neuen Versuchsanordnung lag an einem Detail: Die Forscher hatten den Krähen zunächst vermittelt, dass das kurze Stäbchen als Werkzeug nichts taugt, indem sie die Tiere damit vergeblich nach Fleisch stochern ließen. Bei früheren Versuchsanordnungen war nämlich die Kritik gekommen, dass die Krähen keine kausalen Überlegungen anstellen müssten, um von A über B zu C zu gelangen.

Genau das aber beweise das neue Experiment, so Alex Taylor: Die Krähen mussten die Assoziation "kurzes Stäbchen ist untauglich" zuerst löschen, um die Aufgabe erfolgreich lösen zu können - eine komplexe Lernleistung, die man bis vor kurzem nur Menschen und Menschenaffen zugetraut hatte.(Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 22. 4. 2010)