Die Präsentation der Sozialraumanalyse "Leben am Stadtrand" lockte zahlreiche Siedlungsbewohner in das Kommunikationszentrum Bassena 10.

Foto: derStandard.at/Gedlicka

Nicht zuletzt die grünen Freiräume in der Per-Albin-Hansson-Siedlung tragen zur Wohnzufriedenheit bei.

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Die unterschiedlichen Bedürfnisse von jungen und älteren Menschen sorgen indessen nach wie vor für Konflikte.

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"Für uns Jüngere gab es kein Verständnis. Wenn jemand auf der Wiese gespielt hat, wurde die Polizei gerufen. Die kam dann auch." Gerlinde Ilc, vor 42 Jahren aus beengten Verhältnissen in Fünfhaus mit Mann und zwei Kindern in die noch junge Per-Albin-Hansson-Siedlung umgezogen, fühlte sich bei ihrer Ankunft in Favoriten ob der größeren Wohnung und der Grünflächen vor der Haustür dennoch "wie eine Königin". Noch heute ist die Siedlung der "schönste Stadtteil von Favoriten" für sie.

Ilc darf laut der aktuellen Sozialraumanalyse "Leben am Stadtrand", die das Familien- und Kommunikationszentrum Bassena 10 durchgeführt hat, als eine typische Bewohnerin der Ende der 1960er Jahre im Süden des zehnten Bezirks errichteten Siedlung gelten. Eine hohe Wohnzufriedenheit und Identifikation mit "ihrer" Per-Albin-Hansson-Siedlung wird der Gruppe der für den untersuchten Sozialraum "prägenden" Gruppe der über-60-Jährigen attestiert. Auch zur Präsentation der Untersuchung sind vor allem ältere Menschen gekommen, und Laute der Zustimmung sind im gut gefüllten Bassena-Treffpunkt zu hören, als Ilc von ihrer Wohnbiografie erzählt.

Die Nähe zu Grünräumen, eine gute Ausstattung sowohl in der Nahversorgung als auch mit Ärzten ist es, die von älteren Menschen vor allem geschätzt wird. Auch bei Familien mit Kindern und AlleinerzieherInnen stehen die Grünflächen zusammen mit Spielplätzen und einer guten Infrastruktur hoch im Kurs. Eine klare Absage an die Bedürfnisse der jüngeren Wohnbevölkerung sind indessen die Verbote, mit denen die Hausverwaltung die Grünflächen in der Städtischen Wohnanlage belegt. Mangelware sowohl für Ältere wie auch Jüngere sind laut der Analyse kulturelle Angebote.

Drohende Überalterung

Die Altersstruktur der Bewohnerinnen und Bewohner bringt bei aller Zufriedenheit auch Probleme mit sich: "Die Leute sterben weg", so Christine Lenk, die 1992 die Leitung der Bassena 10 übernommen und diese von einem "reinen Hausfrauentreff" in eine Anlaufstelle vor allem für Familien mit Kindern, AlleinerzieherInnen und SeniorInnen verwandelt hat. Zumindest bei der Analyse befragte Institutionen konstatieren, dass leer stehende Wohnungen nun großteils mit jungen Familien mit Kindern besiedelt werden.

Generationenkonflikte, mit denen schon die Bewohner der ersten Stunde konfrontiert wurden, finden sich im Arbeits-Alltag der Bassena nach wie vor ganz oben. Verschärft wird die Situation durch den von manchen als Bedrohung wahr genommenen Zuzug von Menschen mit Migrationshintergrund.

"Stellvertreter-Auseinandersetzungen"

Viele klassische Konfliktsituationen, wie etwa Lärm, entpuppen sich dabei als "Stellvertreter-Auseinandersetzungen". Lenk: "Es kann passieren, dass ein alter Mensch, der alleine lebt, aus dem Fenster schaut und eine Gruppe Menschen, vielleicht mit Migrationshintergrund, sieht, die auf einer Wiese sitzt und sich unterhält. Da ist dann manchmal auch Eifersucht im Spiel."

Präventionsarbeit im Sinne der Aufklärung von Vorurteilen und Orte der Begegnung zu bieten, gehört zu den erklärten Zielen der Bassena 10. Ingesamt 17.785 BewohnerInnen zählte der untersuchte Sozialraum Ende 2009, 1.315 BewohnerInnen haben keine österreichische Staatsbürgerschaft.

Mit einem breiten Angebot, vom Eltern-Kind-Cafe und Englisch für Kinder über Sozialberatung und der Vermittlung von Leihomas und -opas bis zu Bauchtanz, Nordic-Walking-Gruppen und einem Spielnachmittag für alle Generationen reicht das Angebot, mit dem das Familien- und Kommunikationszentrum die Favoritner zu vernetzen versucht. Im Monat zählt die Bassena 10 rund 1.400 Besuche. Auch Menschen mit Migrationshintergrund sind darunter, widerlegt Lenk ein Vorurteil: "Die sind dann vor allem an Bildungsangeboten interessiert."

"Wie in einem Dorf"

Nach der Präsentation der Sozialraumanalyse beim Buffet angelangt, bestätigt eine Gruppe Seniorinnen die Einschätzungen der Studie weit gehend. Sie leben gerne hier, um so mehr stört es, wenn jemand das Idyll stört: "Seit Kurzem zerstört jemand immer Glas in der Gegend", erklärt eine Seniorin. Der Verdacht fällt auf Jugendliche. "Eine Frage der Erziehung", steuert eine Bassena-Besucherin bei. Zwar wird das "Auftreten der Ausländer in Gruppen" als "störend" empfunden, "aber die Vandalen können genau so gut Einheimische gewesen sein". Eine der Seniorinnen bringt dann die Situation in der Siedlung auf den Punkt: "Es ist halt wie in einem Dorf." (Karl Gedlicka, derStandard.at, 27. April 2010)