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Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou: "Werde alles tun, damit das Land nicht pleite geht."

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Finanzminister George Papaconstantinou (re.) und sein Stellvertreter Filippos Sahinidis bei einer Pressekonferenz heute Mittag: Werben um Verständnis für drastische Sparmaßnahmen.

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An Unruhen mit sozialem Hintergrund wird man sich in Athen gewöhnen müssen.

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Athene nimmt die Turbulenzen gelassen - die griechischen Gewerkschaften machen weiter mobil gegen die geplanten drastischen Sparmaßnahmen.

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Maiaufmarsch gegen die Sparpläne der Regierung.

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Polizei vor einem brennenden TV-Übertragungswagen.

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Demonstration der griechischen Kommunisten in Athen.

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Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten.

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Athen/Brüssel/Berlin - Das harte Sparpaket zur Rettung Griechenlands vor einem Staatsbankrott steht. Dies gab am Sonntagmorgen der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou bei einer Sondersitzung des Ministerrates in Athen bekannt. Das Rettungsprogramm wurde noch am Sonntag in Brüssel den Finanzministern der Euro-Gruppe vorgelegt, die selbiges auch beschlossen

Das hoch verschuldete Griechenland hat nach Regierungsangaben einen Finanzierungsbedarf von 60 Milliarden Euro pro Jahr, sagte Ministerpräsident Papandreou. Die Einigung mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) würden zusätzliche Belastungen für die griechische Bevölkerung bedeuten. Sie seien aber unvermeidlich, um einen Staatsbankrott zu verhindern.

Abkommen mit IWF und EU

"Oberstes Gebot ist die Rettung des Vaterlandes. Ich werde alles tun, damit das Land nicht pleite geht," sagte Papandreou in einer dramatischen Rede. "Es stehen uns schwierige Jahre bevor." Er versprach, er werde "alles tun, um die Schwächeren" schützen. "Ich verspreche, mit Ihnen allen zusammen zu kämpfen, damit Griechenland sich ändert", sagte Papandreou. "Wir werden es schaffen."

Bei dem Treffen der Euro-Finanzminister sollen nach Angaben von Diplomaten Kredite von mindestens 120 Milliarden Euro für drei Jahre beschlossen werden. Allein in diesem Jahr rechnen die Euro-Staaten mit 30 Milliarden Euro, davon 8,4 Milliarden aus Deutschland. Zusätzlich bekommt das vom Staatsbankrott bedrohte Land 15 Milliarden Euro vom IWF.

Bei den Verhandlungen der Regierung in Athen mit dem IWF und der EU habe es eine Einigung auf die grundlegenden Maßnahmen gegeben, berichtete der griechische Fernsehsender Mega bereits am Samstagabend. Beraten wurde noch über den Text des Gesetzentwurfs, der am Sonntag dem Parlament vorgelegt wird.

Defizit soll unter drei Prozent sinken

Der griechische Finanzminister Giorgos Papaconstantinou erläuterte am Sonntag Einzelheiten des geplanten Sparprogramms. Es habe nur die "Wahl zwischen Zusammenbruch oder Rettung bestanden", sagte er. Das geplante Maßnahmenpaket habe das Ziel, das Haushaltsdefizit des Landes bis 2014 auf unter drei Prozent zu bringen und damit die von der EU erlaubte Schuldengrenze einzuhalten.

Wie das Finanzministerium am Sonntag in Athen mitteilte, soll das Staatsdefizit von 13,9 Prozent im vorigen Jahr bis 2014 auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts abgesenkt werden. In diesem Jahr soll der Fehlbetrag um fünf und 2011 um vier Prozentpunkte fallen. Für 2012 und 2013 seien jeweils zwei Punkte geplant. Dazu seien über die kommenden drei Jahre Kürzungen von 30 Milliarden Euro geplant. Die Verschuldung Griechenlands werde 2013 insgesamt 140 Prozent erreichen, ab 2014 werde sie zurückgehen.

Geplant sei, die Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent anzuheben. Finanziert werden soll das Programm über drastische Kürzungen der Sonderzahlungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Auch die Beamtenpensionen sollen gesenkt werden. Der Privatsektor bleibe von den Sparmaßnahmen ausgenommen, doch würden die Arbeitsgesetze geändert. Das Mindestalter für den Pensionseintritt wird auf 60 Jahre angehoben. Die Abgaben auf Treibstoff und Alkohol um zehn Prozent erhöhen.

Neue Streiks angekündigt

Für die griechische Bevölkerung bedeutet das, den Gürtel sehr eng schnallen zu müssen. Nach der Verkündung des harten Sparprogramms haben die zwei größten Gewerkschaftsverbände in Griechenland neue Streiks angekündigt. "Wir verlieren fast 30 Prozent unseres Einkommens, das kann so nicht hingenommen werden", sagte der Präsident der Gewerkschaft der Staatsbediensteten ADEDY, Spyros Papaspyros, im griechischen Radio. Er rief den Vorstand der Beamtengewerkschaft zu einer Sondersitzung zusammen. Die Beamten wollen am 5. Mai für 24 Stunden streiken und planen auch weitere Aktionen dieser Art, hieß es. Auch der Gewerkschaftsverband des privaten Sektors drohte mit harten Maßnahmen.

Sondersitzung in Brüssel

Die Finanzminister der 16 Staaten mit Euro-Währung, darunter Österreichs Ressortchef Josef Pröll (ÖVP), entschieden in Brüssel bereits über die beispiellose Finanzhilfe für Griechenland.

Pröll appellierte zuvor nochmals für eine Griechenland-Nothilfe und für europäische Solidarität. Nur mit einer gemeinsamen Anstrengung könne man sowohl Griechenland helfen als auch das Signal geben, dass Europa handlungsfähig ist, sagte Pröll in Brüssel.

Laut Pröll müssten die Finanzminister den Umfang der Griechenland-Hilfe noch politisch diskutieren, auf technischer Ebene seien die Zahlen außer Streit gestellt.

Regierungschefs kommen Ende der Woche zusammen

Am Sonntag wurde auch bekannt, dass die Staats- und Regierungschefs der Eurozone voraussichtlich bereits am Freitag oder Samstag zusammenkommen werden, um das Hilfspaket für Griechenland abzusegnen. Das ist früher als ursprünglich angenommen. Aus Diplomatenkreisen in Brüssel war am Sonntag zwar noch kein exakter Termin zu erfahren: Nachdem die Parlamente der beteiligten Staaten die Hilfen gebilligt hätten, könnten die Kredite aber jedenfalls freigegeben werden.

Österreichs Finanzminister Pröll deutete an, dass auch die EU-Staats- und Regierungschefs noch über die Griechenland-Notkredite beraten könnten. "Ich glaube schon, dass Entscheidungen dieser Tragweite sicher auch von den Regierungschefs mitzutragen sind." Alles basiere aber bereits auf einstimmigen Beschlüssen der Regierungschefs.

Demonstrationen in Athen und Saloniki

In Athen demonstrierten am Samstag zehntausende Griechen gegen das Sparprogramm ihrer Regierung. Dabei kam es in Athen zu Randalen durch mehrere hundert Jugendliche. Sie warfen Molotow-Cocktails und Steine auf Polizisten, die Tränengas einsetzten. Zehn mutmaßliche Randalierer wurden nach Polizeiangaben festgenommen, schwer verletzt wurde offenbar niemand. Zu den Demonstrationen hatten die Gewerkschaften aufgerufen. Allein in der Hauptstadt gingen laut Polizei 17.000 Menschen auf die Straße.

Die Kundgebungsteilnehmer zogen in Athen vor die Büros der EU und weiter zur US-Botschaft. Schwarz gekleidete Randalierer scherten aus dem Protestzug aus und setzten das Fahrzeug eines Fernsehsenders in Brand, warfen Schaufenster ein und errichteten Barrikaden aus brennenden Mülleimern. Auch in Saloniki kam es am Rande einer Demonstration zu kleineren Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

Dem Vernehmen nach müssen sich Beamte sowie Pensionisten auf weitere Kürzungen einstellen. Die geplanten Maßnahmen seien tödlich, sagte Nikos Diamantopoulos, einer der Demonstranten am Samstag. "Wie werden die Menschen morgen leben, wie werden sie überleben?" Demonstrantin Virginia Kalapotharakou, die in Piräus auf die Straße ging, warf der Regierung "sehr rückschrittliche" Maßnahmen vor. Damit gingen alle hart erkämpften Erfolge der vergangenen Jahre verloren.

Merkel will Defizitsündern Stimmrecht nehmen

Als Konsequenz aus der Griechenland-Krise will die deutsche Bundesregierung für einen harten Euro die Stabilitätskriterien drastisch verschärfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der "Bild am Sonntag": "In letzter Konsequenz muss es künftig möglich sein, einem Land, das seine Verpflichtungen nicht einhält, zumindest vorübergehend das Stimmrecht zu nehmen. Deutschland hält das für unerlässlich."

Vom Umfang des Sparprogramms hängt nach Angaben des Finanzministeriums ab, wie hoch die Zahlungen in den kommenden Jahren sind. Der IWF stellt sich laut "Spiegel" darauf ein, zehn Jahre in dem Land zu bleiben. Für die ersten drei Jahre der Hilfen will der IWF insgesamt 27 Milliarden Euro bereitstellen. Zur Zeit wird von einem Verhältnis der Hilfen von IWF und Euro-Ländern von 1:2 ausgegangen. (APA/dpa/apn/Reuters)