Fritz Neugebauer, der Zweite Nationalratspräsident, hat innerhalb der ÖVP vor wenigen Tagen den Anfang gemacht, als er sagte, er könne sich Änderungen bei der Gruppenbesteuerung vorstellen, wie sich der Koalitionspartner SPÖ das wünscht. Jetzt mehren sich die Stimmen in der ÖVP, dass es Änderungen bei Gruppen- und Stiftungssteuern geben muss. Die Front beginnt offensichtlich zu bröckeln und die Debatte über Gruppen- und Stiftungssteuer ist auch in der ÖVP eröffnet. Jedoch  hält sich Finanzminister Josef Pröll weiterhin bedeckt.

Sausgruber: "Auch hohe Einkommen müssen Beitrag leisten"

Der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber sagte am Dienstag im Ö1-Morgenjournal, bei der Budgetsanierung müssen alle Bevölkerungsgruppen den Eindruck haben, dass es fair zugehe: "Nicht nur der Durchschnittseinkommensbezieher, sondern auch die hohen Einkommen müssen ihren Beitrag leisten." Das gelte auch für den Stiftungsbereich. Sausgruber kann sich "nur schwer vorstellen, dass diese Regelungen völlig unverändert im Sanierungspaket passieren können. "

Es werde notwendig sein, "in diesen Bereichen auch einen Beitrag zu leisten." Grundsätzlich sollte das Budget aber vor allem ausgabenseitig saniert werden, und nicht über Einzelmaßnahmen, sondern nur über ein Gesamtpaket diskutiert werden, so Sausgruber.

Auch der neue ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl deutet im Ö1-Journal an, dass über Vermögenssteuern nachzudenken sei: "Es wäre unseriös zu behaupten, dass irgendjemand nicht irgendeinen Beitrag wird leisten müssen. Es wird jede Gruppe beitragen müssen. Und es werden sicher auch Gruppen anhand ihrer Leistungsfähigkeit beitragen müssen."

Pröll gegen Abschaffung der Gruppensteuer

Vizekanzler Josef Pröll zeigte sich angesprochen auf eine mögliche Auflockerung der ÖVP-Position bei den Stiftungssteuern bzw. der Gruppenbesteuerungder am Dienstag nach dem Ministerrat grundsätzlich über alles gesprächsbereit: "Es wird niemand ungeschoren davonkommen." Einer Abschaffung der Gruppensteuer erteilte der Finanzminister aber sogleich eine Absage.

Pröll argumentierte damit, dass jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich in einem Unternehmen stecke, das zu einer Gruppe gehöre. Dies zeige schon, wie sensibel dieser Bereich sei.

SPÖ: "Die Entwicklung ist wirklich erfreulich"

Die SPÖ reagierte erfreut auf die Aussagen von Sausgruber und Mandl. "Wir begrüßen die Stimmen in der ÖVP, die sich für unsere Positionen zur einnahmenseitigen Konsolidierung des Budgets aussprechen", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas in einer Aussendung. "Eine Reform der Stiftungsbesteuerung oder der Gruppenbesteuerung, das alles kann in diesen Zeiten kein Tabu sein, wir laden alle Parteien zu einer breiten Diskussion zum Thema 'Verteilungsgerechtigkeit' ein", so Rudas.

Auch Rudas' Kollege Günther Kräuter begrüßte die Vorstöße in Richtung Vermögensbesteuerung: "Die Entwicklung ist wirklich erfreulich, die ursprüngliche Position von ÖVP-Obmann Josef Pröll, der auf verstärkte Beiträge von Vermögenden verzichten wollte, kann nicht mehr aufrecht erhalten werden." (red, derStandard.at, 4.5.2010)