Hamburg - Auf der ganzen Welt gehen die Börsen aus Angst vor der Schuldenkrise Griechenlands in die Knie. Das kleine Land mit der großen Geschichte bringt den Euro zum Wanken und zwingt die Währungsgemeinschaft zu enormen Kraftakten. Dabei gehört Griechenland mit seinen 11,3 Millionen Einwohnern in der Europäischen Union zu den Schwächsten, was Exportkraft und Produktivität anbelangt.

Jahrelang hat Griechenland über seine Verhältnisse gelebt, Strukturreformen verschleppt, die Staatsfinanzen vernachlässigt, Schulden verschleiert. Der Staatssektor mit der Vielzahl der Beamten verschlingt gewaltige Ressourcen, fördert Schattenwirtschaft und Korruption. Jetzt will die Regierung das Ruder herumreißen. Die Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen wird eine der größten Hürden bei der Bewältigung der Krise sein.

Die gewaltigste Aufgabe ist die Sanierung der Staatsfinanzen. Das Drama Griechenlands begann 2001, als das Land, das seit 1981 zur EU gehört, der Euro-Zone beitrat. Es verschwieg dabei das wahre Ausmaß seiner Schulden. Jahre später flog auf, dass Athen seine Haushaltsdaten manipulierte, den Schuldenberg kleinrechnete.

2009 beliefen sich die Schulden des Euro-Landes auf 273 Milliarden Euro und damit auf 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - weit über dem von laut europäischem Stabilitätspakt erlaubten Gesamtschuldenstand von 60 Prozent. Da die Zinslast inzwischen deutlich gestiegen ist, erwarten Analysten den Höhepunkt erst 2013 - dann dürfte eine Staatsschuldenquote von fast 150 Prozent erreicht werden.

Mit einem 30-Milliarden-Sparpaket über drei Jahre steuert die Regierung die Sanierung an, kürzt Staatsausgaben und will die Einnahmen steigern. Die Aussicht auf Erfolg hängt nach Ansicht von Ökonomen aber entscheidend davon, ob es gelingt, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken und die Produktivität zu steigern.

Binnennachfrage trieb Wachstum

Die Krux ist, dass ein enormer Teil der Wirtschaftsleistung in den privaten Konsum fließt. Auf Basis der Zahlen der Germany Trade & Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing waren es zuletzt fast 70 Prozent vom BIP, 14,7 Prozent waren Bruttoanlageinvestitionen. Gefördert durch kräftige Lohnerhöhungen trieb die auf Pump finanzierte Binnennachfrage jahrelang das Wachstum. Zum Vergleich: In Deutschland flossen 56,3 Prozent der Wirtschaftsleistung in den Privatverbrauch, 19,2 Prozent in die Bruttoanlageinvestitionen.

Derzeit steckt die griechische Wirtschaft in der Rezession, die sich noch verschärfen dürfte. Vom IWF werden Minuszahlen von vier Prozent für 2010 vorausgesagt, auch 2011 werde die Wirtschaftsleistung schrumpfen. Die Arbeitslosenquote lag 2008 bei 7,7 Prozent, im laufenden Jahr prognostizieren Ökonomen mehr als 10 Prozent.

Ende 2009 erreichte das nominale Bruttoinlandsprodukt Griechenlands 242,9 Milliarden Euro, je Einwohner betrug es 21.688 Euro. Zum Vergleich: In Östereich lag das BIP pro Kopf 2009 bei 33.090 Euro.

KMU prägen die Wirtschaft

Kleine und mittelständische Betriebe prägen die griechische Wirtschaft. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Branchen. Gastgewerbe, Handel, Transport und Kommunikation trugen nach Daten von Germany Trade & Invest 2008 rund ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt bei. Industrie und Energie kamen auf 13,6 Prozent. Auf Fischerei und Landwirtschaft entfielen nur noch gut drei Prozent.

Der Mangel an Exportkraft zählt zu den großen Schwächen: Im ersten Halbjahr des Krisenjahres 2009 brach die Ausfuhr des Landes im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 22 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro ein, die Einfuhr gab sogar um 28,5 Prozent auf 22,8 Milliarden Euro nach. (APA)