Die Grande Nation im Schuldenstrudel? Nie und nimmer, beteuerte bisher die Regierung in Paris. Frankreich zähle nicht zu den südeuropäischen "Piigs" -Ländern, ließ Wirtschaftsministerin Christine Lagarde noch Anfang Woche verlauten. Ihr Budget-Kollege François Baroin meinte gleichzeitig, Frankreich sei eher ein "Fluchtwert" als eine Zielscheibe: "Das Streben der Investoren nach Qualität begünstigt uns."

Wenn sich die Finanzwelt von den gefährdeten Euro-Anleihen abwende, seien die französischen Staatspapiere nur zusätzlich gefragt. Das stimmt nur formell: Paris genießt bei den Ratingagenturen nach wie vor die Triple-A-Notierung. Finanziell neigt Frankreich aber mehr und mehr Richtung Südeuropa: Die Staatsschuld ist auf über 1500 Milliarden Euro geklettert und dürfte in diesem Jahr 83,2 Prozent des Bruttoinlandproduktes erreichen. Das Haushaltsdefizit wird heuer auf 8,2 Prozent des BIP veranschlagt.

Premierminister François Fillon hat deshalb am Donnerstag unerwartet angekündigt, dass er die Staatsausgaben bis 2013 auf den heutigen Stand einfrieren werde. Jede Ausgabe müsse noch einmal geprüft werden. Der Teuerungsausgleich werde nur im Rahmen der aktuellen Prognosen erfolgen; sollte die Inflation stärker als erwartet steigen, würde der Staatsetat real sogar schrumpfen.

Steuernischen

Steuererhöhungen soll es offiziell nicht geben; der von Fillon in Aussicht gestellte Kampf gegen die zahllosen "Steuernischen" wird sich davon aber nicht groß unterscheiden. Außerdem lässt sich Fillon sehr wohl Spielraum für einen weiteren Dreh an der Steuerschraube - zum Beispiel bei den Beamtenlöhnen. Pariser Ökonomen meinen, die französische Wirtschaft werde kaum von der Griechenland-Krise erfasst, wenn die Regierung ihren Sparplan wirklich umsetze.

Zugleich rechnen sie aber mit Aufschläge für französische Anleihen, sodass Paris höhere Zinsen als der Nachbar Deutschland zahlen müsste. Das geht sofort ins Geld, zumal das Parlament in Paris den französischen Griechenland-Beitrag von 6,3 Milliarden Euro in der Nacht auf Freitag definitiv gebilligt hat - und diese Summe nun an den Finanzmärkten selber aufnehmen muss.  (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.5.2010)